Montag, 12.10.1987 (1)

Der erste Tag der Reise. Die letzten Tage zu hause waren sehr anstrengend. Hinter allem, was man tat, stand der Gedanke der bevorstehenden Abfahrt und der Trennung von der Familie. Die Belastung war sehr groß. Für Onkel Hermann und Tante Alma wurde die Angelegenheit mit der Gasheizung konkret Ständig musste ich mit ihnen reden und auch noch den Termin mit dem Handwerker organisieren. Das Ergebnis war ein Autounfall und ein kaputtes Auto in der Garage. Glücklicherweise war niemandem etwas passiert. Ich hatte auch Glück mit dem Abschleppfahrzeug und der Werkstatt. Um 9.00Uhr war der Unfall passiert, um 1.45 stand der Wagen in der Garage, ich hatte eine Vormerkung für die Reparatur und der Fahrer des Abschleppwagens hatte sich bereit erklärt, den Wagen aus der Garage zu fahren. Horst will auch helfen, denn Ingrid kann den Wagen nicht abholen. Ich war nur traurig, daß ich ihr diesen ganzen Ärger zurücklassen musste, Sie hatte es mit allem schon schwer genug.
Aber auch das war dann alles ausgestanden. Das Taxi war für 9 Uhr bestellt. Um 6 Uhr standen wir auf, um alles in Ruhe erledigen zu können, aber über allem lag eine gewisse Spannung. Ab 8.45 Uhr standen wir draußen und warteten auf das Taxi. Das Taxi kam und es ging los in Richtung Schönefeld. Dort trafen wir gegen 9.45 Uhr ein und dann nahm das seinen Lauf, was sich am Ende der vorangegangenen Woche bereits angedeutet hatte.

Rückblick:
Am 2.10. fand die Verabschiedung der Expeditionsteilnehmer statt. Bei dieser Gelegenheit wurde festgestellt, dass ich am 8.10. in Potsdam anrufen sollte, um gegebenenfalls am Freitag Devisen für die Reise abzuholen. Am Donnerstag rief ich also in Potsdam an. Die erste Frage von dort war, ob ich das Telegramm erhalten hätte. Ich muss sagen, in diesem Moment erwartete ich das Schlimmste, d.h., daß ich nicht fahren dürfte. Es war glücklicherweise harmloser. Auf den Pässen fehlten die Unterschriften und das, obwohl die zuständigen Leute mit diesen Dingen täglich zu tun hatten. Ich sollte also um 9 Uhr in der Reisestelle der Akademie sein, um diese Angelegenheiten zu erledigen und ebenfalls dort am Freitag die Rubel und Dollars sowie die dann mit den Visa für die See und Mocambique versehenen Pässe abzuholen. Ich ließ mir noch die Telefonnummer von Artur Zielke geben, um auch noch nach 16 Uhr eine Kontaktmöglichkeit mit Potsdam zu heben.
Zusammen mit Ingrid fuhr ich dann in die Otto-Nuschke-Straße und unterschrieb den Paß. Jetzt war ich sicher, dass eigentlich nichts mehr dazwischen kommen konnte. Den Rest des Tages spazierten wir durchs Zentrum. Das Wetter war herrlich und wir genossen diese Stunden und erholten uns etwas von der morgendlichen Hetze. Am Freitag waren wir dann wieder gegen 13.30 in der Reisestelle, um Geld und Pässe zu holen. Die Pässe waren noch unterwegs und konnten erst gegen 16.30 bereitliegen. Ingrid fuhr daraufhin nach hause, da sie noch einen Kosmetiktermin hatte. Um 16.30 kamen die Pässe auch nicht. Die Kollegin, die sie hatte holen wollen, erfreute alle mit der Nachricht, dass sie in der Botschaft von Mocambique liegen und dass das Visum noch nicht erteilt sei. Nur der Pass von Günther Peters war fertig. Er hatte ihn als einziger bereits bei der Verabschiedung in Potsdam unterschrieben. Also machte ich mich ohne Pässe aber mit 2000 Dollar und 2700 Rubel auf den Heimweg. Für Ingrid hatte ich eine Nachricht bei der Kosmetikerin hinterlassen, so daß sie sich wenigstens keine Sorgen machte. Artur erreichte ich erst abends und auch er war "begeistert". Damit war dieses Thema erst einmal abgeschlossen.

Die Fortsetzung fand dann am Abflugtag statt. Funk und Fernsehen waren da, aber keine Pässe. Im Ergebnis flog dann nur Günther Peters mit Artur und Dietrich Fritsche als Begleitung in Richtung Leningrad ab. Die Pressemitteilung wurde in "Abflug der ersten Gruppe der 1. AE" geändert und ich sah in der Aktuellen Kamera abends meinen eigenen Start. Die anderen machten sich in Richtung Heimat auf den Weg. Steffen musste wieder nach Freiberg und hatte es dadurch besonders schlecht erwischt. Zu hause konnte man noch zwei bis drei Sachen erledigen. Die Nachbarn waren auch überrascht, mich wieder zu treffen. Natürlich auch bei der Mutter angerufen, die Überraschung war entsprechend.
Am Abend herrschte dann wieder die gleiche etwas gedrückte Stimmung. Kathrin war nach Dippoldiswalde abgereist, da sie nur für den Montag freibekommen hatte. So hatten wir den Abend für uns allein. Ich glaube, es wäre allen Beteiligten lieber gewesen, wenn es beim ersten Anlauf geklappt hätte. Ein Vorteil war nur, dass man, da das Gepäck mit nach Leningrad gegangen war, noch einen kleinen Koffer packen konnte. Später sollte sich dann aber herausstellen, dass es meist überflüssige Sachen waren, die man eingepackt hatte.

Dienstag, 13.10.87 (2)

Zweiter, aber erfolgreicher Startversuch. Da das Gepäck leicht war, hatten wir darauf verzichtet, uns eine Taxe zu bestellen. Das Wetter war wieder herrlich und mit Bus und Bahn kamen wir bequem zum Flughafen. Diesmal waren auch die Pässe da und wir starteten um 12.40 in Richtung Leningrad. Es war schwer und das Winken auf der Gangway war dann der endgültige Abschied für eineinhalb Jahre.
In Leningrad wurden wir von unserem Voraustrupp bereits erwartet. Mit dem Zoll gab es die ersten kleinen Probleme. Als der Inhalt von Günthers Tasche auf dem Kontrollschirm sichtbar wurde, erkannte man nur eine geordnete Doppelreihe von Flaschen. Vier Stück musste er für eine Lagergebühr von 4 Kopeken hinterlegen. Die Rückgabe klappte dann anstandslos und der Zöllner verabschiedete uns später dann sehr freundlich.
Vom Flughafen Pulkovo aus ging es dann zum Hotel Sovietskaja, wo ich zusammen mit Reiner ein Zweibettzimmer bezog. Hier fand auch die erste Begegnung mit der sowjetischen Küche statt, die für uns doch einige Eigenheiten hat, und nicht immer das ist, was wir benötigen. Das Bier im Hotel war das schlechteste, was ich bisher getrunken hatte, aber wir waren ehrlich gesagt froh, überhaupt welches zu bekommen. Der Kaffee hätte auch einem Kleinkind nicht geschadet. Durch die Zeitverschiebung fand sich dann keine Möglichkeit mehr, etwas zu unternehmen. Es wäre nur noch festzuhalten , dass wir bei unserer Fahrt durch die Stadt der Wagenkolonne mit Gorbatschow begegneten, der Leningrad besuchte. Auffällig war, dass es nur minimale Absperrungen gab.

Mittwoch, 14.10.87 (3)

Der Tag war angefüllt mit organisatorischen Dingen. Vormittags war Einkleidung im Sklad (Lager) des ANII. Es ging alles recht langsam und gemütlich vonstatten. Artur hatte nicht genug Säcke mitgegeben und so mussten wir die dünnen und unpraktischen sowjetischen Einheitssäcke benutzen, war auch die Sortierung unseres Gepäcks später im Flugzeug sehr erschwerte. Da der Fahrer nicht pünktlich war, gingen wir erst noch ein Bier in einer typischen Bierbar trinken. Die Gastronomie entspricht nicht unseren Vorstellungen und ist am ehesten mit einer schlechten MITROPA-Kneipe vergleichbar. Mittagessen fand im Haus der Freundschaft statt. Hier lernten wir die russische Küche von ihrer guten Seite kennen. Das Essen war schmackhaft und preiswert, die Bedienung war schnell und freundlich, die Lokalität äußerst sauber und gepflegt, besonders auch die sanitären Anlagen. Wir fühlten uns dort sehr wohl.
Nachmittags fuhren dann zur Kaderleitung des ANII, wo unsere Daten nochmals erfasst wurden. Etwas seltsam sahen die deutschen Namen und Adressen mit kyrillischen Buchstaben geschrieben schon aus.
Danach Rundgang durch Leningrad, d. h. auf dem Newski-Prospekt. In erster Linie Jagd auf die Antarktis-Uhren, aber ohne Erfolg. Ich fand das sehr bedauerlich, da ich Kathrin versprochen hatte, ihr eine nach hause zu schicken. Abends saßen wir dann wieder im Büfett im 12. Stock zum Abendessen und Biertrinken zusammen.

Donnerstag, 15.10.87 (4)

Der Tag begann wie gewöhnlich mit dem Frühstück am Büfett, diesmal im sechsten Stock. Als Termin stand ein Treffen mit leitenden Angestellten des ANII auf dem Programm. Es war der an solchen Stellen und zu solchen Anlässen übliche Austausch von Höflichkeiten und Absichtserklärungen, hier von besonderer Bedeutung, da von unserer Seite Prof. Kauzleben im Range eines stellvertretenden Ministers dabei war und es sich um die 1. AE (Antarktisexpedition) der DDR handelte. Die Angelegenheit dauerte 30 bis 40 Minuten und verlief ohne Besonderheiten.
Als Abflugtermin war nun der 16.10. im Gespräch. Vom Hotel aus schickte ich noch ein Telegramm an Ingrid, schließlich hat sie am 17. Geburtstag und am 16. dürfte die Zeit knapp werden. Einige Karten an diverse Leute folgten.
Eine unangenehme Überraschung gab es noch. Eine der Uhren, die ich gekauft hatte (es hatte also doch noch geklappt), war defekt. Man musste sehen, ob sich ein Weg zur Reparatur fand.
Der Abend verlief wie gewohnt bei Bier und Essen.
Vorher wurden noch einige Einkäufe erledigt, denn die Versorgung mit Lebensmitteln war in Maputo nur gegen Dollar möglich und die wollten wir sparen. Gekauft wurden Brot, Käse und Fischbüchsen in ausreichender Menge, denn wir wussten nichts über die Länge des Aufenthalts, die ja hauptsächlich vom Wetter abhing.


Freitag, 16.10.87 (5)

Der Abflugtermin wurde bestätigt und die Abfahrt auf 12 Uhr festgesetzt. Am Flughafen hatten wir dann wieder reichlich Zeit, da der Start erst gegen 17 Uhr erfolgte. Gepäck und Personen wurden in eine IL 76 verladen, die wir als fliegende Scheune empfanden. Über uns und um uns herum viel Gepäck. Jeder versuchte, seine Gepäckstücke auszumachen, da wir ja später auch unsere Polarkleidung heraussuchen musste. Aber später sollte sich alles wieder anfinden.
Die Formalitäten waren schnell erledigt und die sowjetischen Kollegen verabschiedeten sich von ihren Familien. Wir hatten das ja schon hinter uns, aber mit jedem Start vergrößerte sich der Abstand zur Heimat.
Nach dem Start gewöhnten wir uns schnell an unser recht eigenartiges Gefährt, nur die zwei winzigen Toiletten waren für 100 Personen etwas knapp bemessen. Das Essen, das gereicht wurde, war genießbar, aber nicht gerade berauschend. Mit Skatspielen und Schlafen vertrieben wir und die Zeit bis zur Landung in Aden.


Sonnabend, 17.10.87 (6)

Zwischenlandung in Aden gegen 2 Uhr nachts. Die Luft ist schwül und warm und der Mond liegt auf dem Rücken. Ein etwas ungewohntes Bild. Viel gibt es hier nicht zu sehen. Ein Einschuss im Transitraum, offensichtlich von letzten Umsturz, war die einzige Attraktion. Wenig Publikum zu dieser Zeit. Der Laden war leer, das Angebot schlecht und teuer. Für einen Abschnitt von unserer Bordkarte bekamen wir ein Glas Orangenjuice. Die wenigen Leute stammten aus Aden oder sind Durchreisende aus benachbarten Gegenden. Wir waren zu müde, um uns viel Gedanken zu machen. Das Flugzeug wurde aufgetankt und nach ca. 1 Stunde ging es weiter nach Maputo. Gegen 9 Uhr trafen wir dort ein und wurden Vom Konsul Lutz Ellroth empfangen. Er erledigte für uns das Ausfüllen der Zollerklärungen und so kamen wir schnell und ohne Schwierigkeiten zu dem Wagen, der uns nach Maputo in das Gebäude der Botschaft der DDR brachte. Wir wurden dort sehr freundlich empfangen und es wurde uns eine Wohnung zur Übernachtung zur Verfügung gestellt. Steffen und Günther schliefen in einer Kurierwohnung eine Straße weiter. Wir wurden gleich eingewiesen, nicht allein spazieren zu gehen und möglichst nicht in der Dunkelheit. Im Land herrschte Kriegszustand. Von unserer Wohnung hatten wir einen herrlichen Blick auf den Indischen Ozean, der hier leider sehr schmutzig war, da die Stadt keine Kläranlage kannte. Zum Rand der Stadt hin sollte es besser sein, aber weit hinaus konnte man nicht, da die Sicherheit nicht gewährleistet werden konnte.
Für den Nachmittag erhielten wir eine Einladung zum Botschafter. Um 16 Uhr sollten wir abgeholt werden. Steffen, Günther und ich nutzten die Zeit für einen Spaziergang. Steffen war unser Stadtführer, da er vor einigen Jahren als Geologe gearbeitet hatte und Maputo kannte. Wir liefen die Uferpromenade entlang Richtung Stadt. Vieles sah zerfallen und ungepflegt aus. Der Bandenkrieg zeigte seine Auswirkungen. Der Gang durch die Stadt zeigte uns für uns ungewohnte Bilder. Abgesehen mal von der Tatsache, dass wir als Weiße hier die Ausnahme waren, war auch an vielen anderen Dingen zu merken, dass man sich in einer völlig anders gearteten Umgebung befand. Faszinierend waren die riesigen blühenden Hibiskussträucher sowie andere Pflanzen, die wir nicht kannten. Wir besuchten das Naturkundemuseum und den botanischen Garten sowie einen Markt in der Innenstadt, der aber keine Höhepunkte bot. Wir versuchten, unsere Eindrücke in Fotos festzuhalten.
Steffens Ortskenntnis war dann aber nicht mehr so gut und unsere Frage nach dem richtigen Weg wurde leider falsch beantwortet. So hatten wir große Mühe, pünktlich zu unserem Treffpunkt zu kommen, wo uns der Wagen der Botschaft erwartete.
Die Residenz des Botschafters befand sich etwas mehr am Rande der Stadt, gut gesichert mit einem schönen Blick aufs Meer. Es gab Kaffee und Kuchen, später auf Wunsch auch andere Getränke. Wir saßen zum Glück am anderen Ende der Tafel und waren damit von unseren Offiziellen weit genug entfernt, um in Ruhe Whisky trinken zu können. Die Gespräche mit dem Botschafter über die Probleme des Landes waren sehr interessant und aufschlussreich. Eine Unterbrechung verursachte ein Telefongespräch, in dem ihm mitgeteilt wurde, dass auf einer der Zufahrtsstraßen von Maputo wieder eine größere Anzahl Menschen ermordet worden waren. Für uns, die wir aus Europa kamen, waren solche Dinge unvorstellbar.
Das Abendessen wurde aus unseren Leningrader Vorräten bestritten, nur Tee hatte uns der Konsul besorgt. Da wir sehr müde waren, schliefen wir ausgezeichnet.

Sonntag, 18.10.87 (7)

Der zweite Tag in Maputo. Am Vormittag war eine Stadtrundfahrt geplant. Der Wagen nebst bewaffneten Sicherheitsposten wurde von der Botschaft gestellt, als Stadtführer hatten sich Dr. Klaus Legler und seine Frau zur Verfügung gestellt. Zuerst ging es durch die Stadt, vorbei am Hotel Polana zum Badestrand, der an diesem Tag einer deutschen Kolonie glich. Hier weiter draußen war das Wasser etwas sauberer, nur die Vorstellungen, die man von einem tropischen Meer hat, wurden nicht erfüllt. Weiter aus der Stadt heraus konnten wir nicht, da das Gebiet dort nicht mehr sicher war. Ich hatte zwar die Badehose mit, war mit meiner Badeidee aber allein und ließ es daher bleiben. Nächstes Ziel war der Eingeborenenmarkt am Rande der Elendsquartiere. Es war eine wirklich bunte Mischung, die hier verkauft wurde. Es reichte von Schnitzereien über Schlangenhäute, einzelne Nägel, Werkzeuge und Töpfe bis zu aus Konservendosen gefertigte Siebe und Trinkbecher. An einer anderen Seite des Marktes wurde Holzkohle gebrannt und verkauft.
Zuerst hatten wir Bedenken wegen des Fotografierens, weil wir nicht wussten, ob sich die Leute eventuell belästigt fühlen würden. Außerdem war es ein ungutes Gefühl, mit der Armut der Leute ein attraktives Foto zu gestalten. Unser Stadtführer beruhigte uns dann aber und erklärte uns, dass das hier ohne weiteres akzeptiert wird. Wenn jemand nicht fotografiert werden möchte, dreht er sich einfach weg. Man merkt dann auch, das viele wirklich Spaß daran hatten. Danach ging es zum Naturkundemuseum und zum botanischen Garten. Diese Dinge kannten wir aber schon von unserem Spaziergang vom Vortag. Damit war die Stadtrundfahrt dann beendet.
Am Nachmittag gingen Günter Stoof, Steffen und ich ins Hotel Polana und sonnten uns. Da ich meine Badehode mit hatte, konnte ich den Swimmingpool ausprobieren. Es war wirklich mal was richtig angenehmes.
Dort trafen wir auch einen amerikanischen Piloten, der Hilfsgüter für Mocambique innerhalb des Landes flog. Er war dort mit seiner Frau und seinem 5jährigen Sohn. Er war in Kassel geboren und vor wenigen Jahren in die Staaten ausgewandert. Die Verständigung war also sehr einfach.
Am Abend besuchte uns der Konsul, der sich vor dem Tanzen bei einer Gewerkschaftsfeier drücken wollte, und ein ADN-Mitarbeiter. Letzterer brachte Bier mit, was wir als sehr angenehm empfanden, den wir bekamen es nur gegen US$. Im Hotel kostete ein Bier 2$ und das war mir zu teuer.
Später schrieb ich noch einen Brief an Ingrid, der über die Botschaft befördert werden sollte.
Der Abend war sehr interessant, da der Konsul ein sehr guter Unterhalter war und wirklich sehr viel zu erzählen hatte, speziell aus Südamerika, wo er früher tätig war.


Montag, 19.10.87 (8)

Der Tag des Abfluges in Richtung Antarktis. Um 4 Uhr mussten wir aufstehen, um um 6 Uhr am Flugplatz zu sein. Da das Seitentor auf war, konnten wir direkt bis zur Maschine vorfahren. Die 10 $ Flughafengebühr wurden uns aber trotzdem abgenommen. Die wurden aber aus den allgemeinen Reisespesen bezahlt und taten uns daher nicht weh. Und dann ging es wieder rein in unsere fliegende Feldscheune.
Zwischen Maputo und der sowjetischen Station Molodjoschnaja, die unser erstes Ziel in der Antarktis war, sollten wir Gelegenheit bekommen, an unser Gepäck zu kommen, um uns umzuziehen. Als der Startschuss für die erste Hälfte der Personen gegeben wurde, brach das blanke Chaos aus. Alles kletterte durch die Gepäckregale, wühlte, suchte und zog sich um. Ich hatte mein Zeug rechtzeitig entdeckt und schon vor dem Start alles geordnet. So konnte ich in Ruhe abwarten, bis sich alles wieder beruhigt hatte. Um 15 Uhr Ortszeit landeten wir in Molodjoschnaja und betraten zum ersten mal antarktischen Boden. Wir fotografierten wie wild Flugzeuge, Eisberge, Gebäude und die Gegend. Untergebracht wurden wir im Umkleideraum der Sauna. Der Banja-Chef war sehr nett und versorgte uns reichlich mit Tee. Am Dienstag sollte es weitergehen nach Neulasarew oder Nowolasarewskaja, wie die Station aus russisch hieß

Dienstag, 20.10.87 (9)

Der angekündigte Start nach Nowolasarewskaja musste ausfallen. Das Wetter dort erlaubte keine sichere Landung. Auch die Frage, mit welchem Flugzeug geflogen werden sollte, war unklar. Die IL 76 war im vergangenen Jahr bei der Landung dort in die Piste eingebrochen und fast nicht mehr weggekommen. Der Zeitpunkt in diesem Jahr lag zwar günstiger, da die Temperaturen noch niedrig waren, aber da die Piloten dem Frieden nicht trauten, war noch keine Entscheidung gefallen.
An dieser Stelle wird es Zeit, unsere Mannschaft vorzustellen. In Berlin hatten sich auf den weg gemacht Prof. Heinz Kauzleben, Reiner Frey, Günter Peters, Günther Stoof, Dr. Steffen Wagner und ich. Prof. Kauzleben sollte die Station feierlich einweihen und am 31.10. wieder die Heimreise antreten. Ihm sollten im Februar Günther Stoof und die alte Besatzung der Station folgen. Mit Prof. Kauzleben sollte ebenfalls ein Überwinterer zurückfliegen.
Da wir nun in Molodjoshnaja viel Zeit hatten, sahen wir uns die Umgebung ausgiebig an und fotografierten wie die Wilden. Ziel unserer Ausflüge war vormittags das Gebiet östlich der Station und der Friedhof. Es stimmte uns doch sehr nachdenklich, Gräber mit dem Todesjahr 1986 zu finden
Beim Mittagessen lernten wir dann die Vorzüge des Stationsessens und die Eßgewohnheiten der Bewohner kennen. Alles unterschied sich dort recht deutlich von den gewöhnlichen mitteleuropäischen Sitten und Gebräuchen. Nach dem Mittagessen und dem obligatorischen Mittagsschlaf erkundeten wir das westliche Stationsgelände und begingen auch das Meereis. Leider hatten wir keine Gelegenheit, näher an die Eisberge heranzugehen.
Zwei Erscheinungen faszinierten mich. Das eine war das bläuliche Schimmern unter des Schneeschollen und die bläulichen bis türkisfarbenen Bruchkanten der Eisberge. Was uns unangenehm berührte, waren der Schrott und die Abfälle, die überall herumlagen. Die Landschaft war regelrecht verschandelt. Was unter dem Schnee alles lag, war nicht festzustellen.
Abends gab es in der Banja wieder Tee und einige Verstärker bis 24 Uhr.


Mittwoch, 21.10.87 (10)

Wieder gab es morgens schlechte Sicht und leichten Schneefall. Gestern war eine IL 14 nach Neulasarew gestartet, um die Landebahn zu erkunden. Offensichtlich war der Zustand nicht befriedigend, auf jeden Fall startete die IL 76 in Richtung Maputo. Da die IL 14 zurückgekehrt war, musste sich die Besatzung ausruhen und an einen Star nach Neulasarew war wieder nicht zu denken. Wir vertrieben uns die Zeit mit Kartenspielen, Mittagessen und Mittagsschlaf bis 16.30 Uhr. Anschließend wurde wegen schlechten Wetters wieder die Spielhölle eröffnet, natürlich erst nach dem Teetrinken.
Nach dem Abendessen wurden die Tagebuchnotizen ergänzt und natürlich wieder Tee getrunken. Danach bezogen wir wieder unsere Feldbetten im Umkleideraum.
Hier wäre noch zu erwähnen, dass dieser Raum lang, schmal und warm war. Die Liegen standen in einer Reihe hintereinander und seitlich war kaum vorbeizukommen. Wir hatten nur darauf geachtet, dass das Kopfende der einen Liege nicht am Fußende der nächsten stand.
Aber auch diese Nächte überstanden wir, ich habe aber selten so oft geschwitzt, wie in diesen Tagen in der Antarktis.