Montag, 21.12.87 (71)
Heute ging es wie geplant los in Richtung Dommik. Das ist eine kleine Hütte ca. 10 bis 12 km entfernt, Laufzeit ca. 5 Stunden, wenn man direkt hinläuft. Der Weg begann mit einer Überraschung. Die Verbindung zwischen uns und der SU-Station wurde überschwemmt. Ein reißender Bach versperrte den Weg. Steffen wollte es nicht wahrhaben, dass er unpassierbar ist und prompt liefen ihm die Stiefel voll. Er musste zurück, um ein Paar andere anzuziehen. Ich nahm unterdessen den Weg über die Schneewehe, den wir eigentlich nicht mehr nehmen wollten, da er nicht mehr sicher war. Uns blieb jetzt aber nichts anderes mehr übrig. Ich hatte auch noch Zeit für ein paar Fotos. Dann ging ich zur SU-Station, holte ein Brot und wartete auf Steffen. Danach ging es richtig los. Der Weg führte ständig über Geröll, Schneefelder und Eisflächen umgingen wir. Da wir Steffens Messpunkte für die Magnetik suchen mussten, war alles sehr beschwerlich. Es ging immer die Berge rauf und runter. Gegen Mittag erreichten wir die indische Sommerstation Maitri. Sie war noch unbesetzt. Wir aßen unseren Zwieback, den wir durch ein Glas Mischobst und eine Büchse Wasser aus ergänzten, die wir in der unbesetzten Station fanden. Das ist hier üblich. Die Station liegt am See Sub, dem zweiten Tauchsee. Einen Fahrweg fanden wir nicht, der Materialtransport ist also ein Problem. Dann ging es weiter. Einige Umwege waren erforderlich, da wir Eisflächen wegen der relativ hohen Temperaturen nicht mehr begehen konnten. Unterwegs wurden wir noch von Skuas (Raubmöwen) angegriffen. Offensichtlich waren wir ihren Jungen zu nahe gekommen. Skelette von Schneesturmvögeln, die den Skuas unter anderem Als Nahrung dienen, wiesen darauf hin. Gegen 18.45 Uhr erreichten wir das Dommik. Es liegt sehr malerisch an einem Gletschersee. Dann ging der Ärger erst richtig los. Kein Stromaggregat lief richtig, die Propanheizung fiel auch aus. Wir schliefen trotzdem sehr gut, da wir ausgezeichnete Daunenschlafsäcke hatten.
Dienstag, 22.12.87 (72)
Aufstehen war für 9.30 Uhr angesagt, anschließend Waschen im See. Das Wetter war herrlich. Gefrühstückt wurde in der Sonne vor dem Haus. Anschließend reparierte ich die Aggregate, soweit sich das mit zwei Schraubenziehern und 3 Schraubenschlüsseln machen ließ. Am größeren Aggregat war der Auspuff abgerissen. Mittags gab es Gulaschsuppe und dann gingen wir wieder messen. Die Landschaft dort ist herrlich. Die Tour führte uns bis ans Meereis, vorbei an Gletschern mit Wasserfällen. Anschließend muhten wir 100 m eine Felswand hoch. Normalerweise hätte ich das kaum gemacht, denn das Gestein ist sehr locker. Gegen 20.15 Uhr trafen wir wieder am Dommik ein. Nach dem Abendessen packte ich Auspuff und Wärmestrahler ein, um sei mit in die Station zu nehmen.
Mittwoch, 23.12.87 (73)
Heute standen wir bereits um 8.00 Uhr auf, da wir nicht zu spät in der Station sein wollten. Ich musste noch einmal am kleinen Generator bauen, da er wieder kein Strom lieferte. Die Kohlen saßen fest. Dann starteten wir zum Rückmarsch. Mein Rucksack war recht schwer. Wir suchten wieder diverse Messpunkte auf, wobei es sich wieder herausstellte, dass das Auffinden recht kompliziert ist. Etliche fanden wir nicht. Gestern schon hatten wir Hubschrauber beobachten können und so überraschte es uns nicht, Maitri besetzt zu finden. Wir wurden freundlich begrüßt und bewirtet. Es gab Sardinen, Thunfisch und Rum als Vorspeise, dann Reis, Gemüse und Fleisch sowie eine süße Nachspeise. Nach ca. 1 Stunde verabschiedeten wir uns und setzten unseren Weg fort. Um 17.30 Uhr waren wir wieder in der Station. Dort warteten schon 4 Telegramme auf mich., von Kathrin, Gisela, Dr. Sellmann und Claus Mantel. Habe mich sehr gefreut. Anschließend ging es dann zum Abendessen, zum Duschen und zum Wäschewaschen.
Donnerstag, 24.12.87 (74)
Das erste Weihnachtsfest, das ich allein, d.h. ohne Familie verbringen muss. Es war doch alles ziemlich komisch. Vormittags war alles wie an jedem anderen Tag, nur der Frühstückstisch war noch netter gedeckt als sonst. Dann Ölwechsel und ein paar Arbeiten am Motor. Nach dem Mittagessen wurde an unserem Haus weitergebaut. Dann wurde der Herrencontainer wegen Renovierung gesperrt und Robbi und Kurt bereiteten alles vor. Dann kam der gemeinsame Einmarsch zum Kaffeetrinken. Auf jedem Platz stand ein bunter Teller, in der Ecke ein Schwibbogen mit Kerzen und ein Weihnachtsbaum. Die Fenster waren verhängt. Endlich mal wieder Dunkelheit. Draußen konnte wirklich keine Weihnachtsstimmung aufkommen. Zu allem gab es noch Weihnachtslieder von Platte und Band. Ich habe sonst nie gern Weihnachtsmusik gehört, aber hier ist alles anders. Es war zeitweilig ganz schön schlimm, aber es ging nicht nur mir allein so. Und dann kam noch der Weihnachtsmann. Er hatte für jeden einen kleinen Beutel mit Geschenken, die man dann für ein Gedicht oder ein Lied bekam. Es war Robbi, der sich sehr viel Mühe gab und auch viel Erfolg hatte. Zum Abendbrot gab es dann Hühnerschnitzel und als krönenden Abschluss Glühwein.
Freitag, 25.12.87 (75)
Der erste Feiertag war ein normaler Arbeitstag, nur Mittagessen und Abendessen fielen aus dem Rahmen. Mittags gab es Rinderbraten mit Klößen in Rotweinsauce und abends Hühnerfrikassè mit Risotto. Vormittags überprüfte und reparierte ich Einspritzdüsen, nachmittags ließ ich in der SU-Station den Auspuff schweißen und holte Reis. Anschließend half ich beim Häuserbau. Kaffee tranken wir in unserer Grillecke. Dann nutzte ich die Zeit, die Tagebucheintragungen vom 21. Bis 25.12. nachzutragen.
Sonnabend, 26.12.87 (76)
Der zweite Weihnachtsfeiertag verlief fast wie ein gewöhnlicher Arbeitstag. Der Antreiber ist immer Günther. Er übertreibt es mit der Arbeit wirklich ein bisschen. Wenn wir auch die Feiertage als Urlaub nachbekommen, so ist Weihnachten doch nur einmal im Jahr. Vormittags baute ich an unserer Containertür, die nicht richtig schloß. Ursache war die Tatsache, daß der Container bei seiner Ankunft an der Barriere durch den Sturm rumgeschleudert wurde, was natürlich Spuren hinterließ. Mittags wurde dann wieder auf den kleinen Generator umgeschaltet. Der läuft nun nach meinen Reparaturunternehmungen endlich wieder richtig. Ursache war die defekte Düse und wahrscheinlich auch das überdrehte Gewinde an der Kraftstoffhandpumpe. Morgen werde ich mir Generator D vornehmen, vielleicht finde ich auch da den Fehler, ansonsten ist eine neue Einspritzpumpe fällig. Mittags wurde gegrillt und nachmittags ging ich mit Hans in die Banja. Nach dem Abendessen nahm ich mir noch einen Rucksack vor und nähte einige Nähte nach. Die alte Besatzung hatte daran nichts gemacht. Inzwischen ist es wieder 21.30 Uhr. Ich habe mich in meinen Container zurückgezogen, um noch etwas zu lesen und ein Bier zu trinken. Alles großer Irrtum. Das Telefon klingelte und Molo gab durch, dass der Kräuterlikör fertig sei. Also wurde 1 Flasche Kräuter getrunken und Reiner rückte noch eine Flasche "Grand mit Dreien" raus. Ende gegen 24.00 Uhr.
Sonntag, 27.12.87 (77)
Frühstück in kleiner Runde. Hans, Robbi und Ecki haben offensichtlich noch weiter gesoffen und fielen total aus. Steffen, Molo und ich, wir bauten vormittags weiter am Haus. Das Mittagessen war wieder mal saumäßig. Danach ging es mit dem Häuserbau weiter, diesmal war die Tür dran. Dann kam Reiner mit der Nachricht, dass ein sowjetisches Fahrzeug auf dem Weg von der Barriere zur Oase in einem Retschka (Fluss auf dem Gletscher) festsitzt. Ich werde zusammen mit Molo wahrscheinlich gegen 22.00 Uhr mit zwei weiteren sowjetischen Fahrzeugen losfahren.
Montag, 28.12.87 (78)
Gegen 22.00 Uhr ging überhaupt noch nichts los. Erst einmal mussten wir aus der Oase raus, um die "85" rauszuziehen, die im Schneesumpf festsaß. Sie war mit einer Walakusche vom Flugplatz gekommen und sollte mit uns mitfahren. Erst zogen wir sie raus, dann sie uns usw., aber wir schafften es. Mir war dabei noch der Stiefel voll Wasser gelaufen, als ich von der Kette abrutschte. Den Stiefel mussten wir ausgraben, so fest saß er im Schneesumpf. Anschließend fuhren wir zur SU-Station, um eine Sicherheitsbelehrung zu unterschreiben und eine Walakusche mit Holzstämmen zu holen. Dabei erfuhren wir, dass das Fahrzeug nicht in einem Retschka saß, sondern in eine Spalte eingebrochen war. Das bedeutete, dass wir in ein Spaltengebiet reinfahren mussten und das gehörte zu den unangenehmen Dingen. Aber vorerst wurde gewartet, erst um 1.00 Uhr ging es los. Auf vielen Umwegen wegen der schlechten Wegverhältnisse gelangten wir gegen 8.00 Uhr zu dem verunglückten Fahrzeug. Hinzu ist Molo gefahren. Er ist das dritte mal hier und hat die meiste Erfahrung. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir bereits über 24 Stunden nicht geschlafen. Das Fahrzeug, übrigens das Wohnmobil für die Pochods, hing längs in einer Spalte von etwas über 1 m Breite drin, d. h. eine Kette war außer Gefecht gesetzt, die andere teilweise von der Laufrolle gesprungen. Jetzt wurde quer zur Spalte eine tiefe Rinne gehackt und ein Balken eingelegt, ein zweiter kurz dahinter quer über die Spalte. Mit einem 50m-Stahlseil wurden zwei ATT vorgespannt und bereits beim ersten Versuch klappte es, das Fahrzeug herauszuziehen. Dabei zog sich auch gleich die abgesprungene Kette in die richtige Lage. Anschließend gab es Mittag und einen Mittagsschlaf von 3 Stunden. Nach dem Kaffeetrinken und dem Wechseln eines Kettenbolzens ging es zurück. Diesmal fuhr ich. Nach knapp 8 Stunden Fahrt waren wir dann wieder in der Station. Das Schlimmste bei der ganzen Aktion war die Lauferei bei der Arbeit dort. Man musste ständig die Augen unten haben und auf keinen Fall auf Schnee treten, da darunter die Spalten sind. Wohl gefühlt hat man sich dort nicht, aber es ging alles gut.
Dienstag, 29.12.87 (79)
Das Aufstehen fiel etwas schwerer als sonst, aber es ging noch. Nach dem Frühstück räumte ich die ATT auf und ordnete meine Sachen. Danach half ich Hans beim Auswaschen der Siebscheibenfilter für den großen Büffel (Generator). Die Arbeit wird einmal im Jahr erledigt. Nach der Mittagspause ging es weiter, bis alles geschafft war. Nach dem Abendessen ging ich in die Banja zum Duschen und Wäschewaschen. Wenn man rausfährt, sind die Sachen sofort mistig, auch die Hände sind ständig schmutzig. Entsprechend sieht auch die Unterwäsche aus. Abends gab es einen sowjetischen Lustspielfilm, war ein absoluter Quatsch. Ich habe lieber meine eigenen Filme entwickelt. Der Rest, den ich noch gesehen habe, hat dann noch gereicht. Heute habe ich mir auch eine dünne Sperrholzplatte ins Bett gelegt. Mal sehen, ob ich jetzt besser liege. Eigentlich warte ich noch auf ein Telegramm, vielleicht kommt bis Silvester noch eins. Das Schiff soll nach letzten Berichten 10 Tage früher von Rostock abfahren, dann weiß ich ja bald, ob Fritz kommen wird.
Mittwoch, 30.12.87 (80)
Das Wetter bleibt weiterhin schlecht, trübe und windig. Nach dem Frühstück ging es wieder an die Arbeit, zuerst wieder an unseren Neubau. Die Fenster wurden eingesetzt, ich befreite den Türrahmen von den alten angenagelten Filzstreifen. Weiter kam ich nicht, da sich mit unserer Kreissäge keine Leisten schneiden ließen. Das wird im nächsten Jahr in der SU-Station erledigt. Nach dem Mittagessen schauten Günther, Reiner und ich uns die Arbeit mit dem sowjetischen Bohrgerät an, da wir damit auch noch Rohre in den Felsen bringen müssen. Ich besorgte noch eine elektrische Blechschere aus der SU-Station. Die Verständigung klappt ganz gut, auch wenn man nicht alles versteht. Nach dem Abendessen machte ich noch ein paar Abzüge, die ich an ein paar SU-Leute verschenken will. Kleine Geschenke erhalten auch hier die Freundschaft. Der 6x6-Apparat macht ein paar Schwierigkeiten. Irgendwie kommt seitlich Licht rein. Ich muss das unbedingt testen. Vielleicht liegt es an der Kassette und die andere ist besser. Wie der morgige Tag ablaufen wird, ist noch ungewiss, wir werden es bis zum Mittagessen erfahren. Heute kam noch ein Telegramm von Reini, Rita und Annegret. Habe mich sehr darüber gefreut.
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