Donnerstag, 31.12.87 (81)

Heute ist also der letzte Tag des Jahres. Hoffentlich überstehe ich ihn gut. Ich werde mich beim Trinken wieder sehr zurückhalten.
Angefangen hat der Tag wie üblich mit der vormittäglichen Arbeit. Heute haben wir ein paar Bleche außen an unsere Hütte geschraubt. Anschließend gab es Kaffee und dann ging es zum Mittagessen. Dann wurde noch einmal ausgiebig geduscht und dann bekamen wir einen Schwächeanfall, der bis etwa 16.00 Uhr dauerte. Zum Kaffee gab es ein paar angebrannte Pfannkuchen vom Frühstück, anschließend noch ein Glas selbstgemachten Wein für die, die ihn probieren wollten.
Die Pfannkuchen waren nicht besonders. Gegen 20.30 sollen wir in der SU-Station sein. Zu dieser Zeit soll auch eine Sendung über Berlin International laufen, während der dann auch Grüße übermittelt werden sollen. Vielleicht gelingt eine Tonbandaufzeichnung, obwohl ich nicht einmal weiß, ob Ingrid da mitgemacht hat. Blödsinn ist es eigentlich für die paar Sekunden, aber freuen würde ich mich doch. Man ist hier sehr empfänglich für solche Kleinigkeiten. Heute kam auch noch ein Telegramm mit Neujahrswünschen. Mich hätte interessiert, wie Ingrid und Kathrin Silvester verbringen.

Freitag, 1.1.88 (82)


Die Silvesterfeier ist überstanden. Es hat wirklich sehr viel Spaß gemacht und es kam dadurch auch keine trübsinnige Stimmung auf. Angestoßen wurde in der SU-Station um 9.00 Uhr, d. h. um 24.00 Uhr Moskauer Zeit. Wir haben dann noch einmal um 23.00 Uhr angestoßen, zu der Zeit also, wo es zu hause soweit war. Der Abend wurde noch recht feucht, ich habe mich aber vorzüglich gehalten und war um 10.00 Uhr ohne jegliche Beschwerden wieder auf den Beinen, obwohl wir bei uns bis um 4.00 Uhr weitergefeiert haben. Hans war so blau, daß er sich auf dem Rückweg langgemacht hat mit dem Ergebnis einer dicken Nase und eines aufgeschlagenen Gesichts.
Heute morgen gab es noch etwas Bier und nach dem Mittagessen, zu dem ich mit Günther allein war, noch 2 Flaschen Schnaps. Daran habe ich mich allerdings nicht beteiligt, ich fand das übertrieben. Jetzt ruhen wir etwas und warten auf den Abend. Die Radiosendung haben wir auch gehört und aufgenommen, keine der Frauen hat gesprochen. Ist vielleicht auch besser so. Außerdem kommt der Zeitpunkt näher, daß das Schiff eintrifft und dann gibt es ja reichlich Post.
Zum Abendbrot habe ich etwas Suppe gegessen, um einen Ausgleich zu der Fresserei der vergangenen Nacht zu schaffen (reichlich Sekt, Kaviar und Lachs).Danach habe ich noch einen Testfilm entwickelt.. Ich glaube den Fehler jetzt gefunden und behoben zu haben. Hoffentlich sind nicht zu viele Filme verdorben. In den nächsten Tagen werde ich nochmals testen.

Sonnabend, 2.1.88 (83)

Es geht wieder alles seinen normalen Gang, die Feiern zum Jahresanfang sind überstanden. Hans sieht im Gesicht immer noch reichlich zerschunden aus. Gestern hatte ich noch ein nettes Erlebnis. Molo war ziemlich voll und hat sich über die Rückfahrt aus dem Spaltengebiet geäußert und gesagt, dass ich sehr gut gefahren sei und das Potsdam öfter mal Leute schicken soll, die mit der ATT umgehen können. Ich habe mich darüber ehrlich gefreut.
Heute bin ich rausgegangen und habe die Bolzen für die Kettenverbreiterungen nachgezogen. Ist eine Schinderei mit einem etwa 1m langen Schraubenschlüssel. Eine Hälfte habe ich geschafft. Morgen muss ich ein Stück fahren, um an die jetzt unten liegenden Glieder ranzukommen. Nach dem Mittagessen war wieder Banja und Wäschewaschen dran., danach wieder Arbeit an der ATT.
Da es heute warm war (+5°C) konnte Günther sein Antennenkabel auf den Mast ziehen und in 30 m Höhe befestigen. Keine Arbeit für mich, da ich mich in solchen Höhen nicht wohl fühle. Günther als alter Seefunker ist da mehr abgehärtet.
Heute wird wieder ein Film gezeigt, ich habe mich lieber zum Lesen zurückgezogen.
Habe auch mal über die Telegramme nachgedacht. Ich würde doch gern mal wissen, was es so zu hause neues gibt. Muss ich Ingrid mal mitteilen.

Sonntag, 3.1.88 (84)

Es wird immer schwerer, einen vernünftigen Anfang für die Notizen zu finden, womit jetzt dieses Problem für den heutigen Tag gelöst ist.
Rückblickend ist zu sagen, dass ich zwar den ganzen Tag gearbeitet habe, aber kaum ein bleibendes Ergebnis zu sehen ist, was sicher an der Art der Arbeit lag. Jetzt ist es 20.00 Uhr und ich sitze am Tisch in unserem Wohncontainer, das Heft und die Bilder von zu hause vor mir und versuche, die Tagesereignisse wieder zusammenzubekommen.
Nach dem Frühstück habe ich erst einmal die ATT vorgewärmt, die Generatoren umgeschaltet und bin zur SU-Station gefahren, um einige Aufträge zu erledigen und um zu tanken. Die Bestellung für ein paar Leisten bin ich losgeworden, aber den Doktor, der für die Ausgabe der Lebensmittel zuständig ist, konnte ich nicht auftreiben. Also versuchte ich es mit Tanken. Der zugewiesene Tank war fast leer und es war auch nur eine schlechtgehende Handpumpe vorhanden. Den Plan ließ ich also auch fallen, fuhr die ATT zur SU-Station zurück, stellte sie ab und lief zu unserer Station. Da der Kaffee fertig war, wurde eine kleine Pause gemacht. Anschließend war die Zeit zum Mittagessen ran. Mit einer E-Pumpe auf der Schulter lief ich also wieder zur SU-Station, aß Mittag, holte 15 kg Butter (zum Mittagessen war der Doktor wieder da), bekam die Leisten vom Tischler und startete meinen zweiten Tankversuch. Diesmal klappte es besser, danach Rückkehr zur Station. Kaum dort angekommen, kam der Wasserfahrer, der wegen der Straßenverhältnisse einen anderen Weg nehmen musste, und da standen die Raupen im Weg. Eine sprang nicht an, weil wieder Dreck in der Leitung war, mit der zweiten musste ich dann noch Schnee wegschieben. Da das mein erster Schiebeversuch war, der natürlich gleich in unebenem Gelände stattfand, lief das nicht ohne Schwierigkeiten ab. Aber auch das wurde geschafft. Nach dem Wasserumpumpen und Teetrinken reparierte ich schnell noch die Raupe und fuhr sie an die alte Stelle. Nach etwas Aufräumen war auch die Abendbrotzeit schon ran.
Seit ein paar Tagen, d. h. eigentlich seit gestern, schränke ich mich mit dem Essen etwas ein. Morgens nur eine Stulle oder 1 Eierkuchen, Kompott u. Kaffee, mittags nur die Vorsuppe und abends zwar etwas mehr, aber in Maßen. Zwischendurch auch nichts mehr und keine Süßigkeiten. Ich möchte doch wieder auf meine 64 bis 65 kg kommen.
Heute war es auch wieder recht warm, man konnte in Hemdsärmeln arbeiten (+4°C). Das ist hier wirklich so, bei +5°C und Windstille läuft man hier mit freiem Oberkörper rum.
Günther hat das gute Wetter auch ausgenutzt und auf seinem Mast das Antennenkabel fertig montiert. Die anderen bauten an unserer Hütte weiter. Da sind so viele beschäftigt, dass ich auch andere Arbeiten erledigen kann. Im März ziehe ich dann in die Station um. Das bedauere ich etwas, da ich mit Steffen sehr gut auskomme, aber der Weg zur DES ist im Winter zu weit. Wahrscheinlich werde ich dann mit Fritz zusammen wohnen. Hoffentlich klappt das.

Montag, 4.1.88 (85)

Das Wetter ist momentan alles andere als sommerlich, windig und trübe. Die Inder haben schon mehrfach ihren Besuch abgesagt, da kein Flugwetter für ihren Hubschrauber war. Also wurde wie immer gearbeitet. Zuerst einmal die restlichen Kettenverbreiterungen an der ATT festgezogen. Damit war der Vormittag vorbei. Das Mittagessen fiel aus, da die SU-Station 2 Stunden Stromausfall hatte. Als wir rüber kamen, hätten wir noch 1,5 Stunden auf das Essen warten müssen. Also wieder Rückmarsch. Mit dem Traktor habe ich mir dann eine Walakusche rangezogen und anschließend die ATT quer rauf, um sie gründlich vom Öl zu befreien und nicht alles dabei in die Gegend laufen zu lassen. Eine Stunde Mittagsschlaf gönnte ich mir auch mal. Ansonsten wurde heute etwas auf Sparflamme gearbeitet.
Abends gab es wieder mal Fisch, eine willkommene Abwechslung im täglichen Einerlei. Abends spielten Steffen, Hans und ich noch etwas Skat. Dadurch, dass wir soweit entfernt wohnen, ist es für uns etwas schwierig, wenn wir uns mal zurückziehen und arbeiten wollen, immer erst anziehen und der weite Weg. Heute habe ich auch noch ein Telegramm abgeschickt mit der Bitte, Grüße an Reini, Gisi und Chef auszurichten und in den nächsten Telegrammen etwas von zuhause zu berichten. Vielleicht klappt es. Ich bin auch gespannt, ob Blumen angekommen sind.

Dienstag, 5.1.88 (86)

Morgen ist zum Glück wieder Duschtag. Bei der Arbeit an der ATT saut man sich fürchterlich ein. Es fiel mir heute auch alles sehr schwer, da mir das Kreuz unwahrscheinlich weh tut. Die einseitige Anstrengung beim Nachziehender Schrauben mit dem meterlangen Schlüssel ist nicht ohne Folgen geblieben. Ich bin kaum aufs Fahrzeug gekommen. Allerdings scheint es jetzt am Abend schon besser zu gehen.
Vormittags habe ich von der ATT erst einmal das Öl außen entfernt und alle Leitungen nachgeprüft. Beim Abwaschen mit Kerosin habe ich mir Handschuhe angezogen, die konnte ich hinterher gleich wegschmeißen. Der Weg zum Mittagessen und zurück war kein Vergnügen. Für 15.00 hatten sich zwei Inder angesagt. Da sie sich verspäteten, brauchte nichts weiter gearbeitet zu werden, da die Zeit rum war. Heute war ich darüber, ehrlich gesagt, froh. Am 26. feiern sie ihren Nationalfeiertag. Wir werden noch eingeladen, aber ich sehe wenig Chancen mitzufliegen. Ansonsten habe ich noch etwas gelesen.

Mittwoch 6.1.88 (87)

Diese Eintragungen hier wurden mit einem Tag Verspätung vorgenommen, da sich hierzu gestern keine Gelegenheit bot.
Vormittags wühlte ich wieder in der AT rum und machte mich hübsch mistig. (stimmt nicht, war erst nach dem Mittagessen, vormittags haben Hans und ich einen Motor durchgesehen und eingestellt). Jedenfalls war nach der Arbeit wieder mal Duschen fällig. Helle Wäsche habe ich auch gewaschen und die Arbeitssachen eingeweicht und in der Banja stehen gelassen. Der Gang zur Waage war sehr erfreulich, 66,1 kg, also 1,6 kg seit Sonnabend abgenommen (4 Tage).
Nach dem Abendessen wurde Volleyball gespielt. Hat sehr viel Spaß gemacht, trotzdem wir in3:2 Sätzen verloren. Gegen 22.00 Uhr waren wir wieder in der Station und konnten Hans überreden, Dienstbier auszugeben. Dazu wurden noch zwei Flaschen Rum geleert. Ich glaube, so gegen 3.00 Uhr war alles vorbei. Deshalb fehlte auch die Zeit zum Schreiben.

Donnerstag, 7.1.88 (88)

Das Aufstehen war ganz schön hart. Offensichtlich habe ich alles bestens überstanden. Ich musste bereits um 6.30 Uhr raus, da ich in der sowjetischen Station Küchendienst hatte, hauptsächlich Abwaschen mit Senfwasser. Spülmittel sind unbekannt. Diese Art des Abwaschens ist äußerst unangenehm. In das heiße Wasser wird Senfpulver eingestreut und dadurch tränen einem die Augen. Das ist mehr eine Chemiewaffe als ein Abwaschmittel.
Zwischendurch habe ich die Arbeitssachen mit der Maschine gewaschen, einen Luftfilter für die ATT besorgt und in der Station noch ein Dienstbier getrunken wegen der Spätfolgen. Hunger hatte ich keinen. Morgens hatte ich nur eine große Tasse Kaffee getrunken und eine Schale Kirschkompott gegessen. Nach dem Mittagessen musste ich noch aufwischen. Anschließend war duschen und etwas abruhen angesagt. Nach dem Abendessen dann Rückkehr zur Station. Heute soll es noch einen Film geben. Lust habe ich eigentlich keine, da ich müde bin. Telegramm war leider keins da.

Freitag, 8.1.88 (89)

Auch heute hat sich die Lage auf dem Telegrammsektor nicht gebessert. Reiner hat was bekommen. Anscheinend schränkt die Funkerei wegen der Flüge alles andere ein. Schade drum.
Heute Vormittag war der zweite Motor mit einer Durchsicht dran. Das konnten wir ganz gemütlich erledigen. Nach dem vormittäglichen Kaffeetrinken habe ich noch eine Lotleine und eine Boje für das Tauchen vorbereitet. Es muss ja bald losgehen, aber der Sommer ist wirklich mies.
Steffen und Molo sind im Dommick und haben gefunkt, dass der See Sub eisfrei ist. Bevor ich dort tauche, möchte ich hier alles ausprobieren. Nach dem Mittagessen habe ich an unserem Neubau einen Türrahmen eingebaut und abgedichtet, gegen 17.00 Uhr wollten Hans und ich in die Banja, da wir mit dem Saubermachen dran waren. Ich konnte dann doch nicht mit, da ein sowjetischer MTT bei einer Probefahrt im Schneesumpf steckengeblieben war und uns um Hilfe bat. Ich fuhr raus, schaffte es aber es allein aber auch nicht. Mit einer weiteren Maschine konnte der MTT befreit werden. Ich kam gerade noch zum Abendessen zurecht. Jetzt ist es ziemlich ruhig in der Station, Reiner hört Opern und ich habe mich zum Schreiben und Lesen zurückgezogen.
In zwei Wochen habe ich wieder Nachtdienst, dann werde ich anfangen, die Briefe zu schreiben, die mit nach hause sollen, da ich nicht weiß, wie es terminlich mit dem Pochod ablaufen soll.

Sonnabend, 9.1.88 (90)

Wir nähern uns mit Riesenschritten dem hundertsten Tag der Unternehmung und bisher ist die Zeit recht schnell vergangen. Im Winter wird es dann etwas langsamer gehen. Heute war ja wieder Banja-Tag und so wurde nicht ganz soviel gearbeitet. Vormittags habe ich noch einen neuen Luftfiltereinsatz in die ATT eingebaut und alles aufgeräumt. Jetzt fehlt nur noch das Abschmieren, dazu wird aber ein warmer Tag gebraucht. Die sind aber rar, da der Sommer in diesem Jahr mies ist.
Nach dem Vormittagskaffee stellte ich dann noch einen Motor neu ein, da er etwas hart lief. Ich habe das ohne Hans gemacht, da er davon offensichtlich keine Ahnung hat und sein Vorgänger alles nach Gehör machte. Jetzt läuft er aber. Der Antrieb für die Einspritzpumpe gefällt mir allerdings nicht, da er viel Spiel hat. Ich muss das mal mit dem anderen Motor vergleichen, wenn er wieder steht.
Mittags kam endlich das erwartete Telegramm. Bin gespannt, warum das mit dem Betriebswechsel nicht geklappt hat. Schön, dass auch die Blumen pünktlich kamen.
Nach den Banja wieder Kaffee, dann Materialsuche und Bau der Türriegel fürs neue Haus. Zum Abendbrot ging ich nicht, obwohl es bulgarische Kohlrouladen aus der Büchse gab, da ich zum Kaffee Kekse gegessen hatte. Strafe muss sein.
Abends habe ich dann Teile für den ersten Riegel an die Tür angebaut, klappte gut. Reiner wurde in den Gebrauch des Kassettenrecorders eingewiesen, damit er um 5.30 Nachrichten aufnehmen kann. So etwas fehlt hier sehr. Mal sehen, ob es klappt.
Ich werde heute auch anfangen, Briefe zu schreiben. Mal sehen, wie weit ich komme.