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07.08.88 (301)
Es war wieder ein Tag voller Arbeit und jetzt sitze ich wieder während meiner Nachtschicht und schreibe. Heute früh baute ich die Pumpe der Vorwärmanlage ein und nach ein paar Einstellproblemen lief sie endlich. Bei 50°C gab es dann wieder eine Unterbrechung, aber sie ließ sich wieder starten. Mir kam aber das Loch in der Düse reichlich groß vor. Dadurch dürfte die Zerstäubung des Kraftstoffs schlecht sein. Da ich Bohrer mit dem Durchmesser 0,43 und 0,3 mm fand, drehte ich abends noch zwei neue Düsen, die ich morgen ausprobieren werde. Weiterhin prüfte ich die Kraftstoffleitungen des MTLB durch und demontierte den Umschalthahn. Das Ergebnis war, die Leitungen sind frei, nur die Tanks sind, wie bereits vor Wochen behauptet, gänzlich leer. Fritz hatte auch schon oft davon geredet, aber beim Reden bleibt es. Seitdem die Fronten geklärt sind, klappt aber die Zusammenarbeit besser. Mittags kamen die Inder und ich mußte dann zur SU-Station rüber, um Dolmetscher zu spielen. Gegen 15.00 Uhr seilte ich mich ab, da ich vor dem Nachtdienst noch schlafen wollte. Länger als eine Stunde ging es aber nicht, dann war ich wieder wach. Abends kam der Leiter der Inder, Colonel Ganesan, nochmals zu Besuch. Dadurch konnten wir wenigstens etwas Bier trinken. Nachts habe ich wieder Brötchen gebacken und zum Frühstück gibt es Würstchen mit Ketchup und Zwiebeln im Brötchenteig gebacken. Vormittags werde ich nicht schlafen, da wichtige Arbeiten draußen zu erledigen sind.
08.0888 (302)
Ich habe nach dem Frühstück wirklich noch den ganzen Vormittag draußen gearbeitet und zum Glück auch was geschafft. Zuerst einmal ging ich früh zu den Indern runter, da ich dort Tolja treffen wollte wegen des Tankschlittens. Das klappte auch, nur der Transport musste später stattfinden, da er noch telefonieren wollte. Und dann ging es wieder an die Vorwärmanlage. Es gab wieder Probleme mit der Pumpe, die Kraftstofförderung und damit der Druck blieb nicht konstant. Zum Schluss reichte es mir, ich baute noch einmal alles aus, ging in die Werkstatt, säuberte und setzte alles wieder zusammen. Nach dem Einbau lief es dann. Fritz hatte inzwischen 60 l aufgetankt und so ließ sich dann der Motor problemlos starten. Wenn die Anlage morgen auch wieder arbeitet, ist alles ausgestanden. Gegen 13.00 Uhr legte ich mich dann hin und schlief bis kurz vor 6. Heute Abend wird es noch Kino geben.
09.08.88 (303)
Wieder ein Tag geschafft und nachträglich kann man sagen, dass er recht erfolgreich war. Die Vorwärmanlage des MTLB arbeitete auch heute gut und eine kleine Probefahrt verlief erfolgreich. Wir spannten alle Keilriemen nach, ergänzten fehlendes Motorenöl. Morgen muss noch Getriebeöl nachgefüllt werden. Außerdem pumpten wir Diesel aus einem halben Tankschlitten um. Abends waren wir noch in der Banja. Günther hatte wieder seinen wunderlichen Tag. Was dann eigentlich los ist, weiß keiner. Manchmal hat man den Eindruck, dass er schon etwas tuntig ist. Heute kam auch ein Telegramm von Ingrid, dass sie mich anrufen wird. Das geht leider nicht, da unsere Station nicht regelmäßig hört. Mal sehen, wie es weitergeht.
10.08.88 (304)
Das Wetter war hervorragend, windstill und etwa -20°C. Wir hatten noch den Rest aus dem Tankschlitten umzupumpen. Mit Fritz gab es wieder etwas Ärger. Ich hatte gestern festgestellt, dass zu wenig Getriebeöl im Tank war und wir keines zum Ergänzen haben. Das habe ich beim Frühstück natürlich erzählt und musste mir dann anhören, ob ich durch mein Gequatsche die Fahrt versauen will. Dazu habe ich ihm dann ein paar Takte gesagt. Er wäre natürlich so losgefahren, auch auf die Gefahr hin, dass was in die Brüche gegangen wäre. Mittags habe ich mich dann mit den Russen unterhalten, welches Öl sie nehmen und von der Sorte haben wir auch noch ein Fass. Ich kroch dann auch noch unter den MTLB, baute zwei Klappen ab und ließ das alte Getriebeöl ab. Vormittags wechselte ich noch einen Schalter im Armaturenbrett aus. Kurz vor dem Abendessen ging ich noch in die Banja, um noch etwas Wäsche zu waschen. Im Moment konzentriert sich alles auf die Frage, wer hier bleiben kann und wer nach hause fahren muss. Mit Günthers Art sind viele nicht zufrieden. Er hat an allem etwas auszusetzen und rennt oft mit einem Gesicht rum, als wenn ihn einer gründlich geärgert hat, ohne dass wir wissen weshalb.
11.08.88 (305)
Die Eintragung hatte ich schon vergessen. Vormittags war Getriebeölwechsel im MTLB und Komplettierung der Verkleidungen dran. Anschließen erfolgreiche kleine Probefahrt und nachmittags Arbeiten in der DES. Außerdem holten wir mit Tolja den zweiten Tankschlitten.
12.08.88 (306)
Heute war vielleicht wieder was los. Wir starteten morgens unsere Fahrt zum Nunatak Basisny. Ich fuhr den MTLB. Kurz vor dem Ziel fiel der Öldruck im Motor, so dass ich sofort halten musste. Als Ursache ermittelten wir eine fehlende Mutter an der Ölzentrifuge. Da sie nur nach unten gefallen sein konnte, kroch ich unter das Fahrzeug und schraubte die Bodenplatte los. Dabei saute ich mich wieder gründlich mit Öl ein. Die Mutter fanden wir nicht. Wir befestigten dann die Haube der Zentrifuge mit einem Riemen und Fritz goss neues Öl auf, das ich glücklicherweise in den MTLB gestellt hatte. Fritz fuhr dann und ich hielt zusätzlich die Haube mit den Händen fest, 20 mm neben den Riemenscheiben, aber wir kamen gut zurück. Ich suchte dann krampfhaft eine Mutter mit Gewinde M12 x 1,25. In einer Kiste fand ich dann eine, die mir aber nicht weiterhalf, da sich herausstellte, dass die fehlende Mutter nur die Folge der gebrochenen Zentrifugenachse war. Ich besorgte dann Material, Gewindebohrer und Schneideisen von der SU-Station. Um 20.00 Uhr war die Achse fast fertig, obwohl sie recht kompliziert war. Abends war Versammlung, auf der auch entschieden werden sollte, wer zu den Indern fährt. Eigentlich hatte Günther gesagt, wer die Geschenke anfertigt, fährt auf jeden Fall. Jetzt traf das plötzlich nur für Fritz zu, der sie zum großen Teil in der Dienstzeit gemacht hatte. Steffen meinte, da ich schon mal dort war, könnte ich auch hier bleiben. Da habe ich dann aber protestiert, schließlich hatte ich mit den Fahrzeugen die meiste Arbeit. Schließlich wurde gelost und da ich bei der Anfertigung er Lose etwas genauer hingesehen hatte, griff ich auch ein gutes. Ich bin auch der Meinung, dass ich das verdient habe, denn die ganze Mistarbeit an den Fahrzeugen hatte ich doch zu erledigen.
13.08.88 (307)
Der MTLB läuft wieder. Morgens drehte ich die Achse fertig, reinigte alles und baute die Zentrifuge zusammen und alles ins Fahrzeug ein. Besonders schön war das Einbauen des Bodenblechs. Dabei konnte man wieder so schön unter dem Fahrzeug liegen. Zusammen mit Fritz holte ich nach dem Mittagessen noch ein Fass Benzin und zwei Fass Kerosin. Die anderen sollten den Balog für die Fahrt vorbereiten, aber geschafft haben sie nicht alles. Zum Glück war geregelt, dass wir dafür nicht zuständig waren. Abends saßen wir zusammen und diskutierten alles mögliche und dabei ging uns Günther wieder auf die Nerven. Was er sagt, stimmt, alle anderen sind blöd. Er selbst hat bisher aber nie das Stationsgelände verlassen und bildet sich ein zu wissen, wie es draußen ist. Bei der nächsten Diskussion dieser Art gehe ich raus, damit ich mich nicht aufrege.
14.08.88 (308)
Morgen früh soll es nun wirklich losgehen. Wir haben das Gefühl, dass Günther sehnsüchtig auf einen kleine Schneesturm wartet. Aber vielleicht klappt es mit der Fahrt. Heute haben Fritz und ich noch den zweiten MTLB aufgetankt und alles eingeräumt. Heute war wieder Wind und es war eiskalt. Ich habe noch einmal die Vorwärmanlage des anderen auch kurz angeworfen, hat alles geklappt. Heute hat der liebe Günther dann noch gesagt, dass wir in jedem Fall alles zu machen haben, auch wenn andre fahren. Langsam macht alles keinen Spaß mehr. Mit Fritz klappt es jetzt ganz gut. Mal sehen, wie es bei den Arbeiten wird, an denen er nicht so interessiert ist. Ich hoffe aber, dass es läuft. Nachmittags habe ich geschlafen, da ich noch Nachtschicht habe.
15.08.88 (309) / 16.08.88 (310)
Wir sind wieder heil zurück von den Indern. Um 15.30 Uhr waren wir wieder in der Oase. Zwei ereignisreiche Tage liegen hinter uns. Gestern starteten wir um 6.00 Uhr. Da ich Nachtdienst hatte, war ich recht müde. Da wir im Dunkeln losfuhren, hatten wir Probleme mit dem Weg. Wir folgten der Spur bzw. einer Spur aus der Oase, die aber sofort am Oasenrand links abbog. Aus den kleinen Fenstern des Fahrzeuges konnten wir das nicht rechtzeitig erkennen. Mir kam die Sache dann komisch vor. Daher öffnete ich die Luke und gab Fritz die neue Richtung vor. Nach einigem Suchen sah ich dann einen kleinen schwarzen Fleck, der sich als ein Fass der Wegemarkierung herausstellte. Von da ab lief es dann gut, bis unser MTLB stehenblieb. Die Ursache war bald gefunden, die Tankbelüftung klappte nicht. Wir schraubten eine Verschlussschraube los, entlüfteten die Leitungen und weiter ging es. Ohne Zwischenfälle kamen wir an. Unterwegs trafen wir noch unsere sowjetischen Freunde. Die Feierlichkeiten begannen mit der Flaggenparade im Freien. Es war sehr gutes Wetter, aber kalt. Die Reden waren auch recht kurz. Drinnen gab es Whisky, Cola Bier und Essen. Es machte sehr viel Spaß. Viele kleine Geschenke wurden getauscht. Offiziell erhielt jeder von uns eine kleine Messingschale, eine Urkunde sowie drei Briefumschläge. Ärger gab es mit der Übernachtung. Durch die Fahrt war unser Balog, den die Freunde gezogen hatten, innen ganz schön beschädigt worden. Auch der Kerosinofen war recht mitgenommen worden. Statt auf das Angebot von Col. Ganesan einzugehen, in der indischen Station zu schlafen, übernachteten wir im ungeheizten Balog. Den Ofen bekam ich zwar zum Brennen, aber nur für fünf Minuten. Nachts waren es draußen -38°C, drinnen bestimmt -25. Nach dem Ausziehen und Bettenbauen waren meine Finger steifgefroren. Nachts ging es, da wir reichlich Decken hatten, nur bewegen durfte man sich nicht. Morgens gab es Ärger mit dem MTLB, den wir bei uns betankt hatten, der Treibstoff war dick. Keine Chance, ihn zu starten. Der erste Schleppversuch mit unserem zweiten Fahrzeug schlug fehl, da das Öl in den Seitenvorgelegen auch kalt war. Mit der Charkowchanka zogen wir ihn dann einige Kilometer bis zu einem Platz, wo die Russen noch zu arbeiten hatten, dann konnten wir selbst schleppen. Ich saß hinten im zweiten (das war meiner) und lenkte. Während der Fahrt merkten wir, dass der Diesel wieder lief, es war ein paar Grad wärmer geworden. Als wir dann halten mussten, weil eine Trosse abgegangen war, unternahm ich einen Startversuch, der auch auf Anhieb klappte. Mit eigener Kraft ging es dann auf dem schnellsten Weg in die Oase zurück. Für Günther war die Fahrt sehr lehrreich. Alles das, was ich ihm vorher erzählt hatte und das er nicht glauben wollte, war eingetreten. Außerdem sagte er, dass es wirklich nicht geht, einfach zwei Wissenschaftler mit einem Fahrzeug loszuschicken. Von Oma kam heute noch ein Telegramm, dass der Wein reif ist und schmeckt. Habe mich sehr gefreut.
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