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27.08.88 (321)
Heute war ein gewöhnlicher Arbeitstag mit Spiegeleiern (vier) zum Frühstück. Hauptsächlich tankten wir die Schlitten auf. Die Pumpe war zwischen die Tanks gerutscht und wir hebelten sie mit vier langen Bohlen wieder heraus. Das Kabel war auch kaputt. Aber dann lief alles. Das Wetter war herrlich, kalt aber fast windstill. Abends wieder Film, diesmal Kotschubei, ein Film aus dem russischen Bürgerkrieg, den ich mit 10 Jahren zu hause bereits gesehen hatte.
28.03.88 (322)
Auch heute gab es nichts besonderes. Mit dem Kran ent- und beluden wir die Maschinen. Auf meine kam eine riesige Kiste mit einer Antenne für Satellitenempfang. Dann wurden die Fahrzeuge noch mit Kerosin und Diesel betankt. Abends wieder zwei Filme, eine nette Komödie und ein blöder Kriegsfilm, der auf dem Territorium der DDR spielte (Himmelpfort bei Frankfurt/O).
29.08.88 (323)
Heute hat Tolja Geburtstag, den wir bei den Indern feiern werden. Vormittags verzurrten wir die Ladung und stellten die Schlitten zusammen. Bei mir gab es wieder Schwierigkeiten mit der Einspritzpumpe, obwohl wir gestern heißes Öl aufgefüllt hatten. Ich bin scheinbar der Einspritzpumpenschreck. Der Ärger ging noch weiter. Der MTT bekam Schwierigkeiten mit dem Öldruck im Getriebe, bei mir flogen immer wieder die Gänge raus. Wir hielten an und montierten am MTT, bis nichts mehr ging. Dann ließen wir alles stehen, setzten uns in die Charkowchanka und fuhren zu den Indern, um Geburtstag zu feiern. Es wurde ein sehr netter Abend und die Leute, die jetzt in der SU-Station die Pochods fahren, trinken nur mäßig. Wir alle, Inder, Deutsche und Russen, sind sehr gute Freunde. Warum kann es nicht immer so sein? Hier, weit entfernt von den Problemen der Tagespolitik, zeigt sich besonders die oftmalige Unsinnigkeit derselben. Ich lese gerade ein Buch von Carl Schurz, Revolutionär in Deutschland bis etwa 1848, danach Auswanderer in die USA, der es bis zum Innenminister brachte. Es ist erstaunlich und auch erschreckend zu lesen, wie viele Dinge, die er damals genau analysierte und als unsinnig darstellte, heute genau so gemacht werden. Ein bemerkenswertes Buch. Hier bemerke ich bei mir das dringende Verlangen, Passagen im Text anzustreichen.
30.08.88 (324)
Der Morgen war für einige etwas trübe, ich hatte keine Probleme, trotzdem ich am Abend als Dolmetscher gearbeitet hatte. Ich besorgte noch einen speziellen Schraubenschlüssel, aß in der indischen Station ein ausgezeichnetes Hühnerbein vom Vorabend und trank einen Kaffee. Wir fuhren dann zurück zu unseren Maschinen und frühstückten. Für mich fielen etwa fünf Spiegeleier ab. Außerdem gab es 100 g (Sprit + Wasser). Wann die Arbeit los geht, weiß ich noch nicht. Übrigens ist der nächste Leningradurlaub gesichert. Tolja hat Wohnung und Datsche. Das Problem mit dem MTT ist immer noch nicht geklärt, es fehlt außerdem an Öl. Es wurde sogar das ausgelaufene vom Schnee aufgesammelt. Heute gab es nachmittags durch Lichtbrechung an Luftschichten unterschiedlicher Temperatur wieder tolle Erscheinungen. Wir konnten die Oase sehen, das Wohlthat-Massiv hatte etwa dreifache Höhe und auch Eisberge waren zu sehen und die indische Station, obwohl Hügel dazwischenliegen. Abends noch gelesen.
31.08.88 (325)
Den ganzen Tag versuchten wir, den MTT in Gang zu setzen, leider vergebens. Es blieb nichts anderes übrig, als ihn abzuschleppen. Die Charkowchanka nahm drei Tankschlitten, die 10 zwei und den MTT. Da das Getriebe in meiner Maschine auch eine Macke hatte, fuhr Tolja die Maschine und ich saß oder lag halb daneben, abwechselnd mit dem rechten oder linken Fuß auf dem Schalthebel, damit der Gang nicht rausflog. Abends wieder ein Besuch bei den Indern mit Rum, Garnelen, Pilzen, Nüssen usw. Auf dem Rückweg zu unseren Schlitten sahen wir Polarlichter. Ich konnte nun endlich fotografieren. Draußen waren -40°C und es war kaum möglich, den Film zu transportieren. Außer Zeitaufnahmen wäre mit der 6x6 nichts möglich gewesen, der Verschluss lief nur noch langsam ab. Polarlichter gab es sehr reichlich, nur veränderten sie sich ziemlich schnell. Die besten gab es damals, als das Schiff an der Barriere lag, aber da hatte ich kein Stativ dabei, weil ich so überraschend mit dem Hubschrauber vorfliegen musste.
01.09.88 (326)
Heute wollten wir zusammen mit den Indern losfahren, prompt hatten wir schlechtes Wetter, also warteten wir. Vormittags eine kleine Reparatur am Propanregler, die Membran war verrutscht. Bücher sind alle gelesen, also alles noch mal von vorn. Gestern gab es in der indischen Station wieder die übliche Arbeit als Dolmetscher. Es ist manchmal recht anstrengend, weil man eigene Gespräche kaum führen kann. Der Schneesturm geht weiter. Wir waren alle mal dran, Schnee von draußen zu holen, weil unser Wasservorrat erschöpft war. Da ich als letzter dran war, konnte ich auch noch die Eingangstür vom Eis befreien. War eine Sauarbeit. Es gab noch ein interessantes Gespräch über unseren geplanten Pochod von der Oase nach Norden zur Küste. Ich fand alle meine Bedenken bestätigt. Tolja findet es auch unverantwortlich, mit nur einem Fahrzeug und unserem Balog allein auf die Fahrt zu gehen und außerdem vom üblichen Weg abzuweichen. Im Notfall findet uns kein Mensch. Die Idee, den Traktor zu benutzen, falls die ATT nicht fährt, findet er blödsinnig. Ich stimme ihm da voll zu. Für mich kommt die Sache nur in Frage, wenn ATT und MTLB fahren. Hier draußen passiert mit der Technik zu viel, insbesondere die Akkus sind sehr beansprucht. Mal sehen, wie die Sache werden wird. Ich werde es mir noch genau überlegen, ob oder unter welchen Bedingungen ich fahren werde. Ich habe hier draußen genug gesehen, um etwas einschätzen zu können, was alles passieren kann. Ich werde auch noch in der Station etwas dazu sagen, auch auf die Gefahr hin, mir sagen zu lassen, dass ich keine Ahnung habe. Die Bemerkung, die Günther damals gemacht hatte, habe ich Tolja erzählt und er sagte, dass ich Recht hätte mit meiner Meinung und dass er Günther nicht verstehe. Insbesondere Günthers Verhalten, uns bei den Indern bei -35°C im ungeheizten Balog schlafen zu lassen, war ihm völlig unverständlich, den Indern übrigens auch. Meine Bücher lese ich jetzt nochmals, viel Zeit vorhanden und keine neuen.
02.09.88 (327)
Zwei Probleme beschäftigen mich, erstens wüsste ich gern, welcher Wochentag heute ist, und zweitens muss ich mich bemühen, etwas sauberer zu schreiben. Ich kann meine eigenen Eintragungen kaum lesen. Am späten Vormittag ließ der Wind nach und wir konnten starten. Der Start war recht schwierig, da die Maschinen stark eingeweht waren, bis 2 m hohe Schneewehen. Außerdem brach noch ein Schäkel. Mein Tipp, bei der "10" die Einspritzpumpe mit dem Brenner vorzuwärmen, hat sich bewährt. Während der Fahrt gab es nichts besonderes, ich lag wieder halb auf der Sitzbank und hielt mit dem Fuß den Schalthebel fest. Unsere DDR-Filzstiefel sind großer Mist, man hat ständig eiskalte Füße. Wolodja gab mir seine Walenkis (Stiefel komplett aus Filz), damit ging es dann gut. In jeder Pause unterhielten sich die sowjetischen Freunde über das Abschleppen des MTT. Offensichtlich sind sie sich nicht klar darüber, ob er heil ankommt oder das Getriebe weiteren Schaden nimmt.
03.09.88 (328) (Sonnabend)
Den Wochentag haben wir also rausbekommen. Auf den ersten Blick scheint es zum Telefonieren günstig zu sein, 1. Versuch 7.9. (Mittwoch), 2. Versuch 9.9. (Freitag). Zu überlegen ist noch, wie es mit dem Telegramm klappt. Es geht hier erst am 5. weg. Ansonsten verlief die Fahrt heute ruhig und ohne Zwischenfälle. Trotzdem man nur sitzt und döst, ist es anstrengend. Noch 15 km. Um 20.30 Uhr kamen noch die Inder. Sie hatten uns trotz Reparatur noch eingeholt, fuhren aber nach kurzer Pause weiter. Sie ließen noch eine Flasche Rum hier, die Tolja leider für seine Geburtstagsfeier wegstellte.
04.09.88 (329)
Der letzte Pochod-Tag. Wir hatten noch erhebliche Schwierigkeiten, morgens alles flottzubekommen. Bei der "10" arbeitete der Vorwärmer nicht und wir mussten erst noch eine neue Düse einsetzen. Die Schlitten saßen fest und wir mussten alles einzeln losreißen. Am letzten Berg saßen wir dann wegen der schweren Last endgültig fest und wir mussten noch zusätzlich die Charkowchanka vorspannen. Dann ging es. In der Station kam mir der liebe Fritz entgegen, allerdings nur, weil er fotografieren wollte. Abends traf ich mich mit den Pochod-Leuten in der Banja und anschließend gab es eine kleine Geburtstagsfeier mit Tolja. Bei dieser Gelegenheit hat mir Claus einiges erzählt, was in der Station los war. Der MTLB wäre fast abgebrannt, Ursache war ein Kurzschluss in der E-Anlage. Der Kabelbaum ist jedenfalls hin. Es gab auch sonst reichlich Ärger, nämlich eine harte Diskussion mit Günther, bei der auch Fritz seinen Teil abbekommen hat. Günther sagte, wenn einer von uns beiden fahren muss, ist er es. Ich bin jedenfalls nicht traurig, dass ich an dem Tag nicht da war.
05.09.88 (330)
Heute habe ich zum Glück Tagesdienst. Ich leide noch etwas unter den Nachwirkungen der gestrigen Feier. Neben den üblichen Arbeiten entwickelte ich zwei Filme, tippte die Werte von den Aggregaten ein, erledigte noch eine kleine Programmänderung. Mittags fuhr Fritz mit dem Traktor zu den Indern, um deren Traktor an eine günstige Stelle zu ziehen. Es gab ein paar Probleme, da sich zwei leere Fässer zwischen Kette und Schiebeschildaufhängung verklemmt hatten. Ich half noch und machte ein paar Fotos. Heute kommen die Inder um 19.00 Uhr zum Essen. Der Abend wurde dann noch recht lustig. Schnaps habe ich nicht getrunken, ich hatte noch von der letzten Feier genug.
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