24.12.88 (441)

Heute ist nun mein zweites Weihnachtsfest in der Antarktis. Die Heimreise rückt näher.
Zum Kaffeetrinken gab es Telegramme. Sie kamen von der Familie, aus Suderode, von Reini und von Gisela. Diesmal nichts von der Abteilung dabei. Auch die anderen Tauchkumpels schweigen.
Vormittags arbeitete ich wie immer, räumte draußen auf, rollte zwei Fässer Öl in die DES und begann mit dem Umpumpen des Kraftstoffs. Außerdem schaltete ich um, räumte das Werkzeug vom Traktorhänger in die DES. Nachmittags kam Volker noch mit einer zerbrochenen Kurbel vom Funkmast im Domick. Bis zum Kaffeetrinken war auch eine schöne neue Kurbel aus Messing fertig, sozusagen ein zusätzliches Weihnachtsgeschenk. Steffen spielte heute den Weihnachtsmann und machte das sehr gut, nur mit den Liedern und Gedichten klappte es bei vielen nicht so richtig.
Jetzt wird das Abendbrot vorbereitet und dann wird sicherlich gesoffen. Als DES-Mann werde ich mich wie immer etwas zurückhalten, man weiß ja nie, was passiert.
Ach Schätzchen, es ist wirklich schwer. Halb betrunken sitze ich hier und schreibe Erinnerungen. (Der nächste Satz ist unleserlich).

25.12.88 (442)

Meine Eintragung von gestern Abend ist wirklich kaum zu lesen. Ich bin aber doch einigermaßen einsatzfähig geblieben und war einer der ersten, die ins Bett gegangen sind. Der Morgen sah mich dann auch munter und ohne Spätfolgen. Andere kamen kaum aus dem Bett. Claus hat dann auch endlich seinen Frühschoppen bekommen. Nach einem etwas späten Frühstück ging es mit Bier, Schnaps und dem restlichen Wein los. Ich baute inzwischen einen neuen Arm für den Filmapparat aus Messing. Sieht toll aus. Etwas getrunken habe ich auch. Anschließend zogen wir mit Tonband, Weihnachtsbaum und Getränken in die Grillecke. Es war sehr laut und lustig. Wir fütterten auch wieder unsere zahme Skua mit Fleisch. Um 14.00 ging ich wegen der Nachtschicht schlafen. Um 18.30 Uhr stand ich auf, denn um 19.00 Uhr startete der große Langlauf vom Flugplatz nach Nowolasarewskaja (12 km). Wir fuhren mit einem GTT hoch. Auf dem Rückweg waren wir 14 (6 von uns, 8 Russen). Ich wurde mit Abstand Erster. Es war ein Toller Lauf über das Eis. Unten mussten 100 m ganz langsam gehen, weil dort wieder Einbruchgefahr war. Als Preis brachte der Funker die erste Tomate, die in der Station in dieser Saison reif geworden war. Anschließend ging es in die Banja. Da Norbert sowieso noch aufbleiben und schreiben wollte, konnte ich noch bis 2.00 Uhr schlafen. Danach quatschten wir. Jetzt sitze ich hier und schreibe.
Die Inder sind inzwischen auch hier. Wir sahen die Hubschrauber nach Maitri fliegen. Morgen will Col. Ganesan kommen und den neuen Leiter vorstellen.
Von Erik Neutsch haben wir zum Jahreswechsel ein sehr schönes Glückwunschtelegramm erhalten.

26.12.88 (443)

Nach der Nachtschicht konnte ich heute nicht so richtig schlafen. Entsprechend müde bin ich jetzt, obwohl ich ein halbes Stündchen geschlafen habe. Nach dem Mittagessen, dass übrigens allen nicht geschmeckt hat, hatte ich wieder Tagesdienst. Ich habe die Gelegenheit genutzt und angefangen, den Tankschlitten leerzupumpen. ¾ sind weg, leider geht noch nicht alles in die Tanks rein. Ich hätte den Schlitten gerne weg, bis der Pochod zurück ist. Telegramme sind auch weiter keine gekommen. Sonst war nichts weiter los, nur zwei IL14 sind nach Drushnaja geflogen. Jetzt ist die Station wenigstens nicht mehr so überfüllt.
Col. Ganesan ist nicht gekommen, der neue Leiter ist noch krank. Steffen und Conny wollen morgen nach Maitri gehen. Ich habe für Promod einen Brief fertig gemacht, den sie mitnehmen sollen.
Jetzt soll es Kino geben.

27.12.88 (444)

Also wieder mal ein Jubiläum. Heute gab es neue Nachricht bezüglich der Heimfahrt. Alle fahren mit der Somov bis Buenos Aires und fliegen dann nach Moskau. Mal sehen, wie es weitergeht.
Heute habe ich wieder viel geschafft. Vormittags verlängerte ich die Rollbahn hinter des DES um 1 m und baute außerdem 9 Seilhalterungen für den Weg zum Magnetikkomplex. Nachmittags begann ich, den kleinen Büffel "A" zu demontieren. Ich wurde auch damit fertig und konnte mich noch mit dem Aufbau des Hebezeugs beschäftigen. Das wird morgen noch einen halben Tag dauern.
Diesel ist auch umgepumpt. Ca. 2,5 t sind noch in dem Schlitten, es fehlt der Platz. Steffen und Conny waren heute nach Maitri gegangen und von dort aus nach D.G. geflogen, um ihr Gerät zu holen. Hat alles geklappt. Es ist jetzt eine herrliche Ruhe in der Station.
Gestern hatte der Pochod noch angefragt, weil die Vorwärmanlage vom MTLB nicht lief. Meine Ferndiagnose war richtig, sie ist wieder in Ordnung.

28.12.88 (445)

Heute bin ich hundemüde, weil ich den ganzen Tag geschindert habe. Vormittags ging es los mit dem Traktor. Ich brachte die Müllwalakusche nach unten und lud den ganzen Schrott um. Vorher lud ich noch ein paar schwere Teile auf. Dann riss ich mit dem Traktor den großen Stein hinter der DES raus, der immer im Wege war und fuhr ihn weg. Dann kam die Nachricht, dass mittags ein Flugzeug vorbeikommt und wir Briefe mitgeben können. Also schreibe ich schnell an Ingrid, Kathrin und Oma. Dann zum Mittagessen und anschließend Arbeit am Hebezeug. Zwischendurch half ich noch, die Treppe zum Dach an eine andere Stelle zu setzen. Dann hatte ich wieder meine Ruhe und baute allein das Aggregat ab und schaffte es raus auf den Teil der Rollbahn, den ich angeschweißt hatte. Klappte alles sehr gut, kostete aber doch eine Menge Kraft. Heute werde ich wohl nicht sehr lange aufbleiben. Jetzt habe ich noch das Ziel, dass das Aggregat noch auf dem Fundament steht, bevor der Pochod zurück ist.
So, bin wieder munter geworden und habe in die Fundamentträger noch die Löcher für das neue Aggregat gebohrt (22 mm). Der eine Bohrer wurde stumpf und es quietschte ganz schön. Ich hörte durch den Krach in der DES nicht viel, nur der Tagesdienst dachte, am Motor stimmt was nicht.

29.12.88 (446)

Das war ein ereignisreicher Tag, sowohl von der Arbeit her als auch allgemein.
Früh brannte ich mir mit dem Schweißgerät Rohre für den Transport des großen Aggregats zu und begann dann damit, es in Richtung Hintereingang der DES zu transportieren. Zuerst musste es quer auf die Rollbahn gezogen werden, dann längs hoch zur Kappe, dann um 90° gedreht und dann hinein in die DES transportiert werden. Das hört sich zwar einfach an, war aber recht kompliziert. Die Rollbahn war für Fässer ausgelegt und ich musste immer wieder unterkeilen, damit die Schienen (Holz) nicht zusammenbrachen und der Büffel kippte. Mittags hatte ich das Aggregat fast auf der Plattform vor der Klappe. Dann kam die Nachricht, ein Amerikaner sei in Novolasarewskaja und wolle auch zu uns. Die Aufregung war groß. Es war dann der in New York lebende Schweizer Fotograf Bruno Zehnder, ein unwahrscheinlich netter Mensch. Ich traf ihn vor dem Mittagessen und brachte ihn mit in die Station und betreute ihn hier.
Nach dem Abendessen arbeitete ich weiter in der DES. Um 20.30 Uhr stand das Aggregat drinnen im Mittelgang. Bisher alles allein gemacht.

30.12.88 (447)

Mein großes Ziel habe ich heute um 10.45 erreicht. Das große Aggregat steht auf dem Fundament. Es muss nur noch ein paar Zentimeter nach vorn gerückt werden. Das ging noch nicht, da die Stütze des Hebezeugs noch im Wege ist. Ansonsten aß ich mittags mit Andreas Bratkartoffeln und Rührei. Endlich wieder mal was vernünftiges. Dann schlief ich etwas und jetzt warten wir auf den Abschiedsbesuch der Inder. Sie kamen dann ziemlich spät. Von der alten Truppe war nur Col Ganesan dabei. Wir bekamen alle als Präsent einen aus Sandelholz geschnitzte Figur. Die Unterhaltungen waren sehr interessant. Ich habe mich sehr intensiv mit einem der Hubschrauberpiloten unterhalten. Vielleicht klappt es doch mal mit einem Flug, und zwar mit der Aluette (kleiner französischer Hubschrauber). Gerald hat wieder beim Wein zugeschlagen. Wenn er Alkohol sieht, ist er nicht zu bremsen. Die Truppe muss in Potsdam mit Arthur beim Packen schon viel gesoffen haben.
Während des Nachtdienstes habe ich noch ein paar Bilder als Geschenke angefertigt. Die Aufnäher behalte ich lieber für die Inder.
Morgen ist noch großes Probepacken. Übrigens haben wir noch keine offizielle Einladung für die Silvesterfeier in Novo.

31.12.88 (448)

Die Einladung kam und war recht seltsam, nur drei Personen und der Koch, der drüben arbeitet. Es gehen Gerald, Conny und Norbert. Später stellte sich noch heraus, dass Steffen auch da ist, weil er im Tischtennisturnier den 1. Platz belegte. Das hat er aber vorher nicht gesagt. Ich hatte in der Nacht noch Bilder als Geschenke gemacht, die liefere ich drüben ab. Dann stellte ich das Aggregat noch richtig hin, und siehe da, die Schrauben passten in die Löcher. Es wurde dann noch das Hebezeug rausgeschafft und drinnen und draußen aufgeräumt. Jetzt kann das neue Jahr kommen.
Es kamen noch Telegramme vom Chef und von zu hause.
Inzwischen habe ich noch das Essen für die Silvesterfeier vorbereitet (kalte Platten). Wilfried hat Gurkensalat gemacht (erste Ernte, 800 g). Jetzt noch etwas ausruhen, dann geht es los. Ich werde mich etwas zusammenreißen, denn die DES wartet immer.
Und ab morgen wird gepackt. Die Reiseroute wurde offiziell bestätigt.

01.01.89 (449)

Die Silvesterfeier war wieder mal recht aufschlussreich. Ich hatte für Norbert den Nachtdienst übernommen und es war vereinbart, dass die Leute gegen 2 Uhr wieder zurück sein sollten. Unsere Feier hier war sehr nett und gegen 1 Uhr etwa beendet. Andreas blieb noch mit auf. Um 2 kam pünktlich Claus und erzählte uns ein paar Sachen. Gerald war schon leicht angesäuselt hingegangen und eine etwas seltsame Rede gehalten., die Conny schlecht übersetzte, so dass Steffen ihn ablöste. Anschließend soff sich Gerald richtig voll. Ich bekam eine Urkunde, Wimpel und Konfekt für meinen Sieg im Cross. Gerald nahm die Sachen entgegen und vergaß sie dann und heut Mittag waren sie weg. Mal sehen, ob sie sich anfinden. Gerald konnte ich gerade so zum Telefonieren wecken.
Ansonsten hatte ich den Nachtdienst voll übernommen und wollte bis 11.30 Uhr schlafen. Um 8.30 Uhr streikte der Generator "D". Ich schaltete um und schlief weiter. Nach dem Mittagessen reparierte ich den Generator (neue Kohlen), baute den alten Auspuff von "A" ab und riss eine Trennwand aus der DES raus, die für das neue Aggregat im Weg ist und baute auch noch den Kühler wieder an, den ich für den Transport entfernen musste. Ich hatte also wieder volles Programm.

02.01.89 (450)

Ich schreibe das hier bereits am 3., da am 2. keine Zeit war. Tagsüber arbeitete ich in der DES, riss weiter Wände heraus und räumte auf. Abends warteten wir auf den Pochod, der dann auch meldete. Die Jungs fuhren zusammen bis zur Eiskante, dann kam die ATT mit dem ersten Schlitten. Sie hatte zu kämpfen, schaffte es aber. Im zweiten Ritt nahm sie den kleinen Schlitten und den MTLB. Anschließend dann Begrüßung, Bier, Schnaps und Wein. Das ging bis 4 Uhr früh.