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22.01.89 (471) (9)
Die Tagebucheintragung erledige ich erst am 23.01. Gestern waren wir nach einem zwölfstündigen Marsch über etwa 25 km alle zu müde, um uns mit solchen Dingen zu beschäftigen. Wir starteten früh um 9.00 Uhr mit unserem Gepäck, um als erste Deutsche unseren Fuß ins Humboldt-Gebirge zu setzen. Der Weg führte bei herrlichem Wetter über Moränenfelder an den östlichen Hängen der Insel vorbei. Auf dem schmalen Grad einer riesigen Schneewehe stiegen wir ins Tal. Rechts ging es fast senkrecht runter, links etwa unter 75°. Unten war es dann wieder die übliche Berg- und Talfahrt über die Moränenwälle. Mit dem Gepäck war es recht anstrengend. Leider hatte ich hier keinen Rucksack, sodass ich meine ganze Ausrüstung in einer großen Umhängetasche tragen musste. Die Schulter schmerzt heute noch. Weiter ging es dann über Schneefelder links an den Gletscher, der die Insel vom Bergmassiv trennt. Die Magnetiker mussten den Gletscher umgehen, da sie keine Steigeisen hatten. Hermi und ich gingen über den Gletscher und bohrten dabei gleich Eiskerne, die dann auch noch getragen werden mussten. Nach 3 - 4 km Gletscher erreichten wir das Gebirge. Dort wurde eine große Rast gemacht. Anschließend untersuchten wir noch zwei kleine lokale Gletscher und machten uns auf den Rückweg, die Magnetiker auf der alten Trasse, wir schräg über den Gletscher, um weiter zu bohren. Dabei gab es noch Gelegenheit, herrliche Fotos von den Petermannketten zu machen, die jenseits des Humboldt-Gletschers liegen. Rüber können wir nicht, es gibt dort Spaltengebiete. Kurz vor 21 Uhr trafen wir schwer beladen zu hause ein. Conny hatte schon begonnen, das Abendessen vorzubereiten. Danach gab es noch Tee mit Schuss und dann ging es ins Bett.
23.01.89 (472) (10)
Heute wurde wegen des gestrigen Tages bis 9.00 Uhr geschlafen. Anschließend Frühstück und Aufräumungsarbeiten. Der Tag verlief recht ruhig. Im Prinzip wurde bis zum Mittagessen kaum etwas getan. Ich nutzte die Zeit, um meine Lederhose zu flicken, ebenso meine Jeans, die buchstäblich auseinanderfallen. Nach dem Mittagessen fertigte ich aus Eierkuchen eine kleine Torte für Hermi an, der morgen Geburttag hat. Außerdem gab es noch Arbeit mit der Gedenktafel. Laut gestrigem Funkspruch ist die Situation in der Station etwas gespannt. Genaueres wissen wir nicht. Thomas hat den S4000-Motor in den Kran gesetzt. Bin gespannt, wie er die Sache mit dem Ölkühler macht, denn der sieht beim W50 völlig anders aus. Eigentlich warte ich dringend auf die Heimreise. Nicht auf die in die Station, sondern auf die richtige. Die Sache dürfte gelaufen sein, wenn erst der Schlittenzug zur Küste abgefahren ist. Ich habe kaum noch Lust, in der Station irgendetwas anzufangen. Im Moment will ich nur nach hause. Abends wurde es noch sehr schön. Wir warteten auf Hermis Geburtstag. Aus diesem Grund hatten wir um 0.00 Uhr noch mal Funkkontakt. Da wir vorher bereits Pudding mit Sprit-Johannisbeeren konsumiert hatten, wurde es sehr lustig.
24.01.89 (473) (11)
Heute hatte ich wieder mal Dienst und war auch für das Geburtstagsessen verantwortlich. Das Frühstück wollte Conny machen. Es gab Toast mit Pfirsich und Käse (überbacken). War sehr gut. Mittags gab es Steak mit Erbsen. Das Fleisch hatte ich mit Pfeffer, Öl und Knoblauch eingelegt. Gleichzeitig schmorte ich noch zwei Lenden mit indischen Gewürzen. Den Sud gab es noch zum Fleisch. Als Nachtisch wurden Erdbeeren gereicht. Um 18.00 Uhr soll es jetzt Kaffee geben. Während der letzten zwei Stunden war ich auf dem Berg an unserem Kristallager und habe gesammelt. Außerdem habe ich noch eine große Menge Munjo gesammelt (jahrelange Ablagerungen vom Magenöl der Schneesturmvögel). Der Abend verlief sehr nett. Abends gab es die Lenden und Schokopudding mit schwarzen Johannisbeeren (veredelt). Und etwas Schnaps. Es hielt sich aber alles in Grenzen und dauerte bis 24.00 Uhr.
25.01.89 (474) (12)
Heute war ich etwas fauler. Vormittags stellte ich die Erinnerungstafel fertig. Mittags gab es Kotelett mit Möhren und Kartoffeln. Nach dem Mittagessen ging ich mit Hermi zu seiner Schürfstelle und dann durch die Steine, um noch ein paar Fotos zu schießen und ein par Besonderheiten zu sehen. Ich fand ein paar Granate und eine recht hübsche Verwitterung (Stein mit Loch). Es gibt hier ganz herrliche Verwitterungen, aber leider viel zu groß für den Transport. Eine Platte Munjo nahm ich auch noch mal mit. Abends montierte ich die Gedenktafel auf eine Kiste, deponierte diese auf einer Steinplatte und umbaute alles mit weiteren Steinen. Beim Funkkontakt gab ich ein Telegramm an Ingrid mit dem Telefontermin auf. Ich freue mich schon riesig darauf. Ich werde wohl Ende des Monats Februar noch einmal anrufen, zum Schluss vielleicht noch mal ungefähr am 10. März. Und dann geht's nach hause. WDH mischt gerade Frühstückskakao mit Tschisti (Sprit). Die Zeit hier geht dem Ende zu. Heute war es schon empfindlich kalt. Wir hatten heute auch erfahren, dass Rudi Mitte Februar abfliegt. Wieder eine Möglichkeit, Post zu schicken. Das Tagebuch hier wird auch mitgegeben.
26.01.89 (475) (13)
Der dreizehnte Tag ist zum Glück ohne Zwischenfälle vergangen. Abergläubisch sind wir nicht, aber am Freitag dem 13. sind wir auch nicht losgefahren. Vormittags bin ich mit Hermi ins linke Seitental gegangen und dann den Geröllhang zum Felsen hochgeklettert, um Brutplätze der Schneesturmvögel zu suchen. Hermi brauchte Munjo-Proben. Wir waren auch erfolgreich. Sogar Jungvögel fanden und fotografierten wir, außerdem noch Eier, die nicht bebrütet wurden. Es war wieder eine anstrengende Kletterei. Nachmittags wurde es noch schlimmer. Wir suchten dieselben Dinge auf der linken Seite des Zentralhanges. Wir fanden auch sehr viel und entsprechend war die Schlepperei durch das Geröll. Ich habe heute noch viele Windverwitterungen fotografiert und ein paar Steine gesammelt. Heute früh haben wir noch mit Dakshin Gangotri gesprochen und zum Jahrestag der Republik gratuliert. Gestern gab es eine kleine Auseinandersetzung zwischen Wolf-Dieter und Steffen. Die Magnetiker haben hier nichts besonderes gefunden und drängeln wegen der Rückfahrt und Hermi hat noch ein großes Programm. Bei der Magnetik habe ich manchmal den Eindruck, dass einiges nicht so läuft, wie es soll. Steffen hat von der Elektronik überhaupt keine Ahnung, er liest im Prinzip nur ab und interpretiert. Wenn was nicht läuft, muss Conny ran. Von uns sind heute drei in Dagshin Gangotri. Mal sehen, was Gerald über Funk so erzählt. Der Funkkontakt klappte dann nicht so richtig, es war kaum was zu hören.
27.01.89 (476) (14)
Zwei Wochen Pochod sind jetzt vorbei und den ganzen Tag herrschte Aufbruchsstimmung. Ich hatte für Hermi den Dienst übernommen, damit er noch den ganzen Tag in seiner Moräne buddeln kann. Vormittags war ich nur mit dem Zubereiten von Essen beschäftigt. Für nachmittags machte ich wieder Brühreis, diesmal indisch gewürzt. Außerdem briet ich noch kleine Steaks mit Letscho und schmorte zwei Lenden, damit wir in den nächsten Tagen nicht so viel Arbeit mit dem Kochen haben. Conny und Steffen bauten die Magnetik ab bis auf ein Messgerät, das hier bleibt. Steffen stellte sich etwas ungeschickt an und wickelte zwei dünne Drähte auf, die vom Geomobil zur Meßstelle lagen. Jetzt sind sie total verfitzt und er sortiert schon seit ein paar Stunden. Ich habe noch ein paar Fotos gemacht, auch Werbeaufnahmen für Schilkin-Schnaps. Soll ein kleines Präsent werden. Abends wurde noch gepackt und etwas gefeiert.
28.01.89 (477) (15)
Heute war Abreisetag von der Insel. Nach dem Frühstück und letztem Packen ging es gegen 10.30 Uhr los. Das Wetter war recht ungünstig. Die Wolken hingen so tief , dass wir bei den Skali Anii Schwierigkeiten mit dem Weg hatten. Ein Signal konnten wir nicht einmessen, da auch noch Schnee fiel und man mit dem Theodolithen die Nachbarsignale nicht sehen konnten. Wir hielten an jedem Signal. Die Magnetiker erledigten ihre Messung. Hermi und ich maßen die Querneigung der Trasse. Dazu wurden jeweils quer zur Fahrtrichtung je ein Punkt in 40 und in 80 m Entfernung gekennzeichnet und die Höhe eingemessen. Gegen 20.00 Uhr war dann ein Weiterfahren nicht mehr möglich. Die Sonne war kaum noch zu erkennen und durch leichten Schneefall hatten wir einen klassischen white-out, d. h., man sieht nur noch weiß ohne jegliche Konturen. Abends aßen wir die Lende, die ich gestern vorbereitet hatte. Anschließend nähte ich noch wie ein Blöder an meinen Handschuhen rum.
29.01.89 (478) (16)
Der erste Tag der Heimfahrt ist zu Ende gegangen. Während der Fahrt gab es die üblichen Messereien. Wir unternahmen auch einen Abstecher zum Nunatak 1272. Die Magnetiker trieben wieder zur Eile und so konnten wir nicht bis auf den Gipfel steigen. Steffen ließ uns nur 1,5 Stunden Zeit. Die ganze Sache ist idiotisch, da für den Pochod 20 Tage vorgesehen waren. Da die Magnetiker ihr Zeug im Kasten haben und auch nichts aufregendes festgestellt haben, wollen sie schnell nach hause. Hermis Programm interessiert sie nicht sonderlich. Ich finde die Sache recht seltsam. Abends haben wir noch wie die Wilden das Bergpanorama mit der untergehenden Sonne fotografiert. Der Filmverbrauch ist enorm, aber noch habe ich welche.
30.01.89 (479) (17)
Das Wetter hat sich etwas verschlechtert, aber zum Fahren reicht es. Unterwegs wurden noch einige Messungen erledigt und bereits gegen 16.00 Uhr waren wir am Ende der Rollbahn auf dem Flugplatz. Dort legten wir eine kleine Pause ein, um Essen zu kochen. Dann ging es weiter. Wir sollten uns bei der Flugplatzbesatzung nach dem Zustand des Weges erkundigen. Es war aber Banja-Tag und kein Mensch auf dem Flugplatz. Mit etwas gemischten Gefühlen fuhren wir weiter. Der Weg war zwar wellig, aber völlig trocken. Gegen 18.30 Uhr erreichten wir ohne Zwischenfälle die Station. Anschließend wurde etwas ausgepackt und alles aufgebaut. Dann ging es in die Banja. Abends (22.00 Uhr) trafen wir uns noch einmal im Balog.
31.01.89 (480) (18)
Heute kümmerte ich mich nur um meine Sachen. Nachts (1.00 Uhr) hatte ich noch Dietmar zum Geburtstag gratuliert (50.).Nach dem Frühstück wusch ich die ganze Wäsche und begann mit dem Aufräumen. Das zog sich so den ganzen Tag hin. Jetzt ist auch die letzte Kiste fast fertig gepackt. Um 16.00 Uhr gab es Geburtstagskaffee und Kuchen. Heute Abend dann noch eine kleine Feier.
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