29.04.88 (201) Heute konnte endlich wieder gearbeitet werden. Es war ein Tag mit Hindernissen. Da Serjoscha die Öffnungen der Vorwärmanlage nicht verschlossen hatte, hatte er lange Zeit zu tun, sie wieder in Gang zu bringen. Ich hatte keine Probleme. Der Kran arbeitete auch nicht richtig, da die Relais voll Eis waren. Jetzt liegen sie auf dem Ofen zum Trocknen. Außer ATT freilegen und tanken wurde eigentlich nichts geschafft. Unser Kran, den ich aufs Eis gezogen hatte, war nicht zugeweht. Heute ist Wolodjas Geburtstag. Den und den vom Doktor (3.5.) feiern wir in der Station nach. 30.04.88 (202) Heute gab es viel Arbeit bei herrlichem Wetter. Dafür war es recht kalt und ich lief den halben Tag mit kalten Füßen rum. Der Bart ist hier nach kurzer Zeit immer ganz zugefroren. Wenn es klar ist, gibt es morgens Temperaturen zwischen -20 und -30°C. Da kein Wind ist, macht das kaum etwas. Heute wurden die Maschinen ent- und wieder beladen. Morgen kommen die Schlitten ran. Ich musste heute mit einem neuen SU-Schlitten rumfahren. Der war großer Mist, da er keine Längsrippen unter den Kufen hat. Sowie es etwas schräg ist, rutscht er seitlich weg. Das macht sich besonders beim Rückwärtsfahren bemerkbar. Abends gab es wieder keine Funkverbindung. Ich hatte morgens durchgeben lassen, dass sich Günther mal melden soll, damit ich ihm die Situation mit der Fracht erläutern kann. Offensichtlich hat man ihm nicht Bescheid gegeben. Heute wurde auch in der Dunkelheit gearbeitet, um 16.00 Uhr ist nichts mehr zu sehen. Dafür haben wir jetzt Vollmond und um 21.00 Uhr ist es wieder sehr hell. Morgen früh will ich noch ein paar Aufnahmen vom Sonnenaufgang machen, Sonnenuntergang war heute dran. Viel Zeit zum Fotografieren bleibt kaum, nur zwischendurch ein paar Aufnahmen. Serjoschas Verbrennung am Arm sieht schlimm aus, rot und geschwollen und offensichtlich hat er auch erhebliche Schmerzen. Da wir zum 1. Mai nicht in der Station sein werden, wird die Feier samt Geburtstag nachgeholt. Ich bin auch eingeladen und soll gleich in der Station übernachten, denn der Rückweg ist dann nicht zumutbar und zu gefährlich. 01.05.88 (203) Heute ist nun 1. Mai und Feiertag. Die Jungs hier nehmen das sehr ernst und bekommen sogar Glückwunschtelegramme. Ich stand heute pünktlich um 7.00 Uhr auf, fotografierte den herrlichen Sonnenaufgang und heizte die Maschine an. Allerdings war ich der einzige, der aufstand. Die anderen waren später dran. Nach dem Frühstück und der üblichen kleinen Reparatur am Kran wurde mein Schlitten mit zwei großen Paketen Holz (Fertigteile für die Funkhütte) und einem Antennenmast beladen. Das dauerte seine Zeit. Anschließend bugsierten wir meinen Kran auf einen Walakusche. Das war recht schwierig und kostete mich 3 Bolzen, aber der Kran steht jetzt. Morgen wird noch alles verspannt und dann geht es nach hause. Hoffentlich hält sich das Wetter. Die Sonnenauf- und untergänge hier an der Küste lassen sich mit ihren Farbspielen kaum beschreiben. Ich hoffe nur, die Bilder geben auch nur einen Bruchteil dessen wieder, was ich hier zu sehen bekomme. Die Abenddämmerung dauert hier ca. 2 Stunden und die Sonne geht nicht weit entfernt von dem Punkt unter, an dem sie aufgeht. Gleichzeitig ist auch sehr schön der Mond zu sehen, da wir jetzt Vollmond haben. Abends hatten wir gestern keinen Funkkontakt, morgens klappte es gut, nur Günther lässt nichts von sich hören. Mich interessiert sehr, wie es in der Station so läuft und wie es in der DES aussieht. Wenn ich wieder dort bin, muss erst einmal gründlich aufgeräumt werden. Außerdem ist die Monatsdurchsicht der Motoren fällig. Für irgendwelche Nebensächlichkeiten bleibt da keine Zeit. Bin gespannt, was sonst so geschafft wurde, oder ob wieder alles liegen geblieben ist. 02.05.88 (204) Heute wurde meine Ladung verzurrt. Es ist schon manchmal schwierig, die eigenen Vorstellungen durchzusetzen, aber es hat geklappt. Außerdem wurden Schlitten und Walakusche aufs Eis gezogen und gekoppelt. Der ganze Zug steht jetzt fahrbereit da, leider etwas weit weg, so dass ich morgen früh etwas laufen muss, um die Maschine vorzuwärmen. Heute hat auch der Doktor Geburtstag. 03.05.88 (205) Der kälteste Morgen, -30 bis -35°C. Das Anheizen der Maschine machte Probleme. Nach 80 Minuten war der Start gerade so möglich. Der Weg war dann entsprechend. Der tiefe Schnee machte uns sehr zu schaffen. Trotz 1. Gang kam der Motor bei Vollgas manchmal nur auf 1300 1/min, aber die Maschine schaffte es. Der zweite MTT hatte Probleme, weil er zu wenig Ladung hatte und die Ketten daher durchdrehten. Er wurde von der Charkowchanka noch in Schlepp genommen, der dann bei Kilometer 40 der Auspuff wegflog. Also Reparatur. Um 22.00 Uhr machten wir bei Kilometer 50, also bei der halben Strecke, Schluss für heute. Auf die beiden letzten Fahrzeuge mussten wir noch eine Stunde warten. Die Charkowchanka schleppte immerhin einen Schlitten mit Eisen und schwerem Traktor, einen zweiten mit dem Kran und hatte dann noch den MTT mit zwei Tankschlitten dran. Den brauchte sie allerdings auch nicht sehr viel zu ziehen. 04.05.88 (206) Heute ging es erst spät los, da die sowjetischen Leute erst Radio Moskau abhören wollten, da die Angehörigen dort die Möglichkeit hatten zu sprechen. Die Fahrt verlief normal, bei der Charkowchanka flog ein Auspuff weg, was aber repariert werden konnte. Wir fuhren auch wieder in der Dunkelheit, was sehr viel Spaß machte. Aus dem Auspuff schlagen bei Vollmond ständig Flammen wie aus einer großen Lötlampe. Wir kamen bis auf 30 km an die Oase heran. 05.05.88 (207) Diesmal ging es besonders früh los und bereits um 10.30 Uhr waren wir vor den letzten Hügeln vor der Oase. Hier war für mich auch Schluss, zumindest zuerst einmal. Ich musste den Schlitten abhängen und bin nur mit der Walakusche in die Station gefahren. Der Empfang war mäßig, nur Günther hatte zufällig mitbekommen, dass ich zurück war. Nach einer Tasse Kaffee bin ich dann mit Fritz los und habe den Schlitten geholt und gleich auf den Berg zur Funkstation gefahren, d. h. , ich habe Fritz fahren lassen, damit er die Maschine auch kennenlernt. Das Verhältnis hat sich sehr gebessert. Vor dem Abendbrot ging es noch in die Banja und anschließend zur angekündigten Geburtstagsfeier. Die dauerte nicht so sehr lange, so dass ich doch zur Station zurückgegangen bin und dort geschlafen habe. 06.05.88 (208) Die Tage werden immer kürzer und die Arbeit immer mehr. Das Tageslicht nutzten wir, um am Traktor weiterzuarbeiten. Bei den Temperaturen ist das alles sehr schwierig und unangenehm. Außerdem wurde die ATT etwas aufgeräumt. Nachmittags gab es noch einige Kleinigkeiten zu erledigen, die Büchsenpressvorrichtung wurde funktionsfähig fertiggestellt. Da abends sowieso Arbeitsschutz angesagt war, wurde auch diese Fertigstellung entsprechend gefeiert. Das ging so etwa bis Mitternacht. 07.05.88 (209) Heute wurde wieder die ATT bewegt. Als erstes holten wir uns einen vollen Tankschlitten zum Umtanken. Das machte wieder etliche Schwierigkeiten an den Steigungen. Anschließend fuhr ich in die SU-Station, um das Fahrzeug entladen zu lassen. Das zog sich hin und erst gegen 15.45 Uhr war ich wieder in der Station. Nach dem Teetrinken ging ich wieder zur SU-Station in die Banja, um meine Wäsche vom Pochod zu waschen. Jetzt entwickle ich noch einen Film und dann ist Schluss für heute. Von Ingrid und Oma kam heute ein Telegramm. Bin gespannt, wann der Brief ankommt. 08.05.88 (210) Es wird immer schwieriger mit den Tagebucheintragungen, da immer weniger Notierenswertes passiert. Den heutigen Tag verbrachte ich damit, einen Tank für die Vorwärmanlage für die ATT herzurichten. Dazu waren einige kleine Drehteile anzufertigen. Außerdem suchte ich mir Material für das Gestell zusammen. Abends wurde noch Skat gespielt, ich schaute nur zu, da ich keine Lust zum Mitspielen hatte. Dazu gab es etwas Bier und Schnaps aus privaten Vorräten. Das ging dann etwa so bis Mitternacht.